Standort: science.ORF.at / Meldung: "Der T-Rex im Miniformat"

Ein Modell von Raptorex kriegsteini.

Der T-Rex im Miniformat

Mehr als 30 Millionen Jahre bevor Tyrannosaurus rex die Graslandschaften der Oberkreide unsicher machte, lebte eine Miniaturausgabe der Raubechse. Das Tier sah fast genau so aus - brachte jedoch nur ein Hundertstel seines berüchtigten Verwandten auf die Waage.

Evolution 18.09.2009

Räuberischer Riese

Ein länglicher Kopf mit überdimensionalem Kiefer, kräftige Hinterbeine und ein muskulöser Schwanz sowie vergleichsweise kümmerliche Vorderbeine - das ist der Körperbau von Tyrannosaurus, dem berühmtesten Dinosaurier der Welt. Lange hat man diese eigenartigen Proportionen als Anpassung an oder zumindest als Nebeneffekt des enormen Wachstums angesehen, das die Vorfahren von T-Rex absolviert haben müssen. Denn der ultimative Prädator, dessen Reich sich vor 90 bis 65 Millionen Jahren zwischen Amerika und Asien erstreckte, war bis zu 14 Meter lang, sechs Meter hoch und sieben Tonnen schwer.

30 Millionen Jahre Wachstum

Doch mit der Wachstumstheorie dürfte es nun vorbei sein. Wie ein Team um den US-Paläontologen Paul Sereno im Fachblatt "Science" berichtet, existierte gut 30 Millionen Jahre früher eine vergleichsweise winzige Echse, die ein äußerst ähnliches morphologisches Design aufwies. "Das Tier hatte ungefähr unser Körpergewicht", sagt Sereno. "Das ist ziemlich erstaunlich. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Tier zunächst so genau designt und dann um so vieles größer wurde."

Die Schädel von Tyrannosaurus rex und Raptorex kriegsteini im Größenvergleich.

Paul Sereno

Anfangs- bzw. Endstation dieses Evolutionspfads zum Gigantismus illustriert obiger Größenvergleich: Der große Schädel gehört Tyrannosaurus, der kleine seinem Vorfahren namens Raptorex.

Das Skelett landete auf Umwegen auf Serenos Arbeitsplatz an der Chicago University. Es wurde in der Inneren Mongolei entdeckt, illegal ausgegraben und dann an den privaten Sammler Henry Kriegstein verkauft, der es wiederum der Wissenschaft übergab. Die Forscher revanchierten sich dafür mit einer Verewigung des Spenders im Artnamen: Raptorex kriegsteini heißt das 125 Millionen Jahre alte Tier nun offiziell.

Kongruenz auf ganzer Linie

Der US-Paläontologe Paul Sereno zwischen zwei dem Raptorex-Schädel und einem Modell, das zeigt, wie das Tier ausgesehen haben könnte.

Mike Hettwer

Paul Sereno zwischen zwei Versionen von Raptorex. Links der Schädelknochen, rechts ein Modell, das zeigt, wie das Tier ausgesehen haben könnte.
Künstlerische Darstellung von T-Rex und Raptorex.

Todd Marshall

Mr. Spielberg übernehmen Sie:
T-Rex und Raptorex in Aktion.

Die äußerliche Übereinstimmung zwischen den beiden Echsen setzt sich, wie Sereno und seine Kollegen schreiben, auch bei deren inneren Werten fort.

So besitze etwa Raptorex wie sein großer Verwandter einen vergrößerten Riechkolben im Hirn, was auf einen hoch entwickelten Geruchssinn hinweise. Die Kiefermuskulatur sei ähnlich strukturiert, ebenso die Zahl und Anordnung der Zähne.

Das Resultat kann man wohl nicht verallgemeinern, aber in diesem Fall verlief die Evolution offenbar in einem Zweischrittmodus. Zuerst entstand der Typus, dann wuchs er um das 100-fache. Die Presseabteilung von "Science" hat dazu eine nette Alliteration gedichtet: "Tiny T. rex Started the Trend of Terrifying Traits."

Robert Czepel, science.ORF.at

Mehr zu diesem Thema: