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Gerhard Widmer, Jürgen Knoblich, die beiden Wittgenstein-Preisträger 2009

"Austro-Nobelpreise" 2009 wurden vergeben

Der Biochemiker Jürgen Knoblich und der Computerwissenschaftler Gerhard Widmer erhalten den Wittgenstein-Preis 2009. Der jährlich vergebene, jeweils mit 1,4 Millionen Euro dotierte "Austro-Nobelpreis" ist die höchste wissenschaftliche Auszeichnung des Landes.

Auszeichnung 19.10.2009

Gleichzeitig wurden sechs Nachwuchsforscher mit den mit jeweils bis zu 1,2 Mio. Euro dotierten START-Preisen ausgezeichnet. Das gaben Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) und der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Christoph Kratky, am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien bekannt.

Sowohl Wittgenstein-Preise als auch START-Preise werden Anfang 2010 im Rahmen einer Gala verliehen.

Spezialist für Zellteilung

Der Biochemiker Jürgen Knoblich, Wittgensteinpreisträger 2009, bei der Arbeit im Labor

APA - Barbara Gindl

Das Preisgeld will Jürgen Knoblich verwenden, um die asymmetrische Zellteilung bei höheren Organismen wie Mäusen zu untersuchen, einen systembiologischen Ansatz zu verfolgen und die Stammzellenbiologie physikalisch-mathematisch zu betrachten.

Jürgen Knoblich ist Senior Scientist und stellvertretender Leiter des Instituts für molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Der seit 1997 in Österreich tätige gebürtige Deutsche ist Spezialist für Zellteilung.

In den vergangenen Jahren hat Knoblich den Mechanismus der sogenannten asymmetrischen Zellteilung geklärt: Anders als bei der üblichen Zellteilung (Mitose), bei der zwei idente Tochterzellen entstehen, teilen sich Stammzellen asymmetrisch. Eine Tochterzelle bleibt eine Stammzelle, die andere wird zu einer spezialisierten Zelle, etwa eine Hautzelle.

Wie das genau auf molekularer Ebene funktioniert und welche Gene und Proteine dabei eine Rolle spielen, hat der Wissenschaftler am Modellorganismus der Fruchtfliege (Drosophila) aufgeklärt - was von besonderer Bedeutung für die Krebsforschung ist, spielt doch die asymmetrische Zellteilung eine wichtige Rolle bei der Tumorentstehung.

Computer lernen Musik

Gerhard Widmer ist Professor für Computational Perception an der Universität Linz und leitet die Abteilung für Machine Learning, Data Mining und Intelligent Music Processing am Österreichischen Forschungsinstitut für Artificial Intelligence in Wien. Der Informatiker wurde bereits 1998 mit dem START-Preis ausgezeichnet. Seine Professur "Computational Perception" beschreibt Widmer mit der wörtlichen Übersetzung "Computer-Wahrnehmung". Der Wissenschaftler erforscht "Algorithmen, die Computer in die Lage versetzen, ihre Umwelt wahrzunehmen". Im Bereich Musik hat Widmer hier bereits große Fortschritte erzielt.

Computerwissenschaftler Gerhard Widmer, Wittgensteinpreisträger 2009

APA, Herbert Neubauer

Mit dem Preisgeld will Gerhard Widmer u.a. in Richtung eines höheren Musikverständnisses von Computern arbeiten, das derzeit noch weit entfernt von jenem des Menschen sei. Aber auch Echtzeit-Systeme, die es Maschinen erlauben, Musik live mitzuverfolgen und in Echtzeit zu analysieren, sind ein Ziel. Einsetzbar wäre dies etwa für die Live-Visualisierung von Musikstücken.

Mehr zu Gerhard Widmer in vorarlberg.ORF.at

So hat er sich das Ziel gesetzt, "mit Hilfe des Computers zu lernen, wie Musikinterpretation als künstlerische Fertigkeit funktioniert", wie also etwa ein Pianist durch individuelle, gefühlvolle Spielweise ein Musikstück interpretiert.

Wie erfolgreich er dabei ist, zeigt ein Nebeneffekt dieser Arbeit: Bei einem Wettbewerb in Japan 2008, bei dem ein Computer auf einem Konzertflügel vorgegebene Musikstücke mit künstlerischem Ausdruck spielen musste, räumten Widmer und sein Team gleich drei Preise ab. Widmer entwickelt auch intelligente Programme, welche die menschliche Musikwahrnehmung zumindest teilweise simulieren und riesige digitale Musiksammlungen nach bestimmten Kriterien durchsuchen und ordnen können. Ein solcher "elektronischer DJ" wird bereits in der ersten musikalisch intelligenten digitalen Stereoanlage kommerziell genutzt.

Die START-Preisträger

Mit dem START-Preis wurden ausgezeichnet: Francesca Ferlaino, Institut für Experimentalphysik der Uni Innsbruck; Ilse Fischer, Institut für Mathematik der Uni Wien; Arthur Kaser, Uni-Klinik für Innere Medizin II - Gastroenterologie & Hepatologie der Medizin-Uni Innsbruck; Manuel Kauers, Research Institute for Symbolic Computation der Uni Linz; Thorsten Schumm, Atominstitut der Technische Universität Wien; David Teis, Biocenter der Med-Uni Innsbruck.

science.ORF.at/APA

Wittgensteinpreis TrägerInnen Club

Die Wittgensteinpreise der vergangenen Jahre:
- 2008: Quantenphysiker Markus Arndt
- 2007: Biochemiker Zechner und Mathematiker Krattenthaler
- 2006: Physiker Jörg Schmiedmayer
- 2005: Physiker Grimm und Genetiker Dickson