Begabte Tiere
Der Umgang mit Zahlen und Mengen ist eine wesentliche Voraussetzung für intelligentes Verhalten. Selbst bei alltäglichen Entscheidungen kommen unbewusst basale mathematische Regeln zum Einsatz. Wie Experimente gezeigt haben, besitzen auch manche Tiere ein derartiges numerisches Grundverständnis.
So können etwa Hunde bis vier oder fünf zählen und bemerken Fehler in einfachen Additionen. Pferde und bestimmten Vogelarten gehören vermutlich ebenfalls zu den Zahlenbegabten.
Natürlich wurden auch die einschlägigen Fähigkeiten unserer nächsten Verwandten - der Affen - schon näher untersucht. Zwei erstaunliche Detailergebnisse: Schimpansen merken sich Zahlen besser als Menschen und Rhesusaffen können fast so gut addieren wie wir.
Affen unterscheiden Größenordnung
Die Studie in den "Proceedings of the National Academy of Sciences": "Basic mathematical rules are encoded by primate prefrontal cortex neurons" von Sylvia Bongard und Andreas Nieder
Für ihre aktuelle Studie haben Sylvia Bongard und Andreas Nieder von der Universität Tübingen nun näher untersucht, was im Gehirn von Rhesusaffen bei derartigen einfachen Operationen passiert.
Die Tiere wurden dabei trainiert, unterschiedlich große Mengen von Punkten auf einem Computerbildschirm zu vergleichen. Mittels Hebel mussten sie entscheiden, ob die Mengen in einem "größer als" oder "kleiner als"-Verhältnis zueinander standen.
Die Tiere lieferten in ungefähr 90 Prozent der Fälle die richtige Antwort, selbst bei ihnen unbekannten Aufgaben. Laut den Forschern ein klares Indiz, dass sie tatsächlich ein abstraktes mathematisches Prinzip erlernt haben.
Eine Einheit für abstrakte Regeln
Während des Experiments zeichneten die Wissenschaftler die Gehirnaktivität der Affen von 484 zufällig ausgewählten Neuronen im Präfrontalen Cortex auf, in einem Bereich, der auch beim Menschen aktiv ist, wenn er einfache mathematische Operationen ausführt. Ist er geschädigt, kommt es unter anderem zu Schwierigkeiten im Mengenvergleich.
Dabei zeigte sich, dass einzelnen Neuronen während des Lösens der Aufgabe besonders aktiv waren, Areale, die Sinnesreize oder Erinnerungen verarbeiten, hingegen kaum. Das spricht laut den Forschern dafür, dass ein konkretes einzelnes Neuron für eine einfache mathematische Regel zuständig ist. Das bestätigte auch eine Auswertung der fehlerhaften Antworten. Dabei zeigte das entsprechende "kleiner/größer als"-Neuron nämlich eine deutlich schwächere Aktivierung.
Die Ergebnisse stützen laut den Forschern die Annahme, dass im Primatengehirn eigene Einheiten spezifische Regeln kodieren, die die Verarbeitung von hereinkommenden und gespeicherten Informationen gewissermaßen kontrollieren, aber selbst ausschließlich abstrakter Natur sind. Konkrete mathematische Regeln seien gewissermaßen "festverdrahtet". Vermutlich seien diese Einheiten auch Grundlage oder Ausgangspunkte höherer mathematischer Fähigkeiten beim Menschen.
science.ORF.at