Schon das Betrachten aufreizend balzender Männchen führt zu einem besseren Bruterfolg weiblicher Kragentrappen, berichten sie in einer aktuellen Studie.
Auf der Roten Liste bedrohter Arten
Link zur Studie:
"Watching sexy displays improves hatching success and offspring growth through maternal allocation" von Adeline Loyau und Fréderic Lacroix in den "Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences".
Kragentrappen (Chlamydotis undulata) und verwandten Trappenarten ist es in den vergangenen Jahrzehnten ziemlich an den Kragen gegangen. Die in den arabischen Ländern beliebte Falkenjagd hat dazu geführt, dass sich die Vögel mittlerweile auf der Roten Liste der bedrohten Arten befinden. Da sich die arabischen Scheichs aber auch in Zukunft am Schauspiel trappenjagender Falken erfreuen wollen, sind mittlerweile eigene Zuchtprogramme für die gefährdeten Vögel eingerichtet worden.
Eines davon befindet sich in dem im Nordosten von Marokko gelegenen Emirates Center for Wildlife Population (ECWP). Seit 1995 wird dort der Bestand der Kragentrappen wieder aufgepäppelt - bisher durchaus mit Erfolg. Wurden in dem Gebiet im Jahr 2000 noch rund 400 frisch geschlüpfte Vögel gezählt, so waren es 2006 bereits an die 4.000.
Dass man den Zuchterfolg noch optimieren kann, berichten nun die Umweltökologin Adeline Loyau, die derzeit am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig arbeitet, und ihr Kollege Fréderic Lacroix vom ECWP in einer Studie.

A. Loyau und D.S. Schmeller
Eine erwachsene Kragentrappe
Faktoren der mütterlichen Allokation
Dabei haben sie einen besonderen Aspekt eines Phänomens untersucht, das sich "mütterliche Allokation" nennt. Gemeint ist damit die Menge an Energie und Ressourcen, die Muttertiere in ihren Nachwuchs investieren. Gemäß der Evolutionsbiologie ist diese Menge umso höher, je mehr genetische Fitness sie sich bei der Reproduktion "erwarten" können. Körperliche Vererbung ist aber nicht der einzige Faktor für die Ressourcenzuweisung, auch Umweltbedingungen spielen eine entscheidende Rolle.
"Neben internen und externen Faktoren, die die mütterliche Allokation betreffen, ist die Attraktivität des Partners die bisher am wenigsten verstandene", schreiben die Forscher in ihrer Studie. Zwar wurde bereits beobachtet, dass weibliche Vögel mehr Eier legen, mehr Testosteron produzieren und mitunter auch mehr männlichen Nachwuchs produzieren, wenn sie sich mit attraktiven Partnern liieren. Wie der zugrundeliegende Prozess aber genau funktioniert, ist den Biologen bisher unklar.
Weibchen in Blickkontakt zu Männchen
Manche Forscher haben die Attraktivität von Männchen künstlich verstärkt oder vermindert und dann die Konsequenzen bei der Paarung und den gelegten Eiern untersucht. Adeline Loyau und Fréderic Lacroix sind einen anderen Weg gegangen. Sie haben die Auswirkungen von männlicher Attraktivität auf Weibchen untersucht, ohne dass diese überhaupt in Berührung miteinander geraten sind.

A. Loyau und D.S. Schmeller
Eier von Kragentrappen
Dazu ordneten sie 90 Kragentrappenweibchen in drei gleich große Gruppen an: Die erste befand sich vis-á-vis einer Gruppe männlicher Vögel mit besonders auffälligem Balzverhalten - dazu gehören aufgestellte Federn an Nacken und Hals sowie bestimmte Laufmuster; die zweite Gruppe wurde gegenüber Männchen platziert, die nur wenig Balzverhalten zeigen; die dritte fungierte als Kontrollgruppe und befand sich gegenüber anderen weiblichen Kragentrappen. Alle männlichen und weiblichen Vögel blieben getrennt, sie konnten sich nur sehen, aber nicht interagieren.
Mehr Testosteron, größere Küken
Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase wurden alle weiblichen Tiere mittels der erfolgreichen ECWP-Zuchtmethode künstlich befruchtet. Im Untersuchungszeitraum legten sie daraufhin 1.178 Eier, 750 Jungvögel erblickten das Licht der Welt.
Jene Weibchen, die durch die besonders balzenden Männchen auch besonders stimuliert wurden, zeigten in einigen Bereichen deutliche Unterschiede zu ihren Geschlechtsgenossinnen in den anderen Gruppen: Sie brüteten öfter Eier erfolgreich aus, der Testosteronspiegel im Eidotter war höher und dies wirkte sich auch auf das Wachstum der Küken positiv aus. Unverändert durch das Ansehen der sexy Männchen blieben hingegen die Menge der gelegten Eier und die Anzahl von männlichem bzw. weiblichem Nachwuchs.
"Soweit wir wissen, ist unsere Studie das erste Beispiel, das zeigt, wie man die mütterliche Allokation durch die Stimulation der Sinne für den Artenschutz manipulieren kann", schreiben die Forscher. Da die künstliche Befruchtung bei gefährdeten Arten tendenziell schlechter funktioniert als die Reproduktion in freier Natur, könnten ihre Ergebnisse vielleicht einmal ein Standard werden: Einfach die George Clooneys unter den Kragentrappen in einen Käfig sperren, und schon bekommen die Weibchen ihrer ansichtig fittere Küken.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at
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