Brachliegende Rechnerleistung
Die Idee, viele Computer für komplexe und aufwändige Berechnungen zu nutzen, entstand Mitte der 1990er Jahre. Das erste Projekt "The Great Internet Mersenne Prime Search" widmete sich der Suche nach Mersenne-Primzahlen.
In weiterer Folge begannen vor allem Astronomen, diese brachliegenden Ressourcen für die Durchforstung ihrer großen Datenmengen zu verwenden. Bekannt wurde das 1999 gestartete SETI@home (Search for extraterrestrial intelligence at home). Es befasst sich mit der Suche nach außerirdischer Intelligenz.
Suche nach Gravitationswellen
Auch Einstein@Home ist ein freiwilliges "Verteiltes-Rechnen"-Projekt. Geleitet wird es vom Center for Gravitation and Cosmology an der University of Wisconsin und dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, das Albert-Einstein-Institut in Hannover. Seit 2005 sucht man dabei in Daten des US-amerikanischen LIGO Oberservatoriums nach Gravitationswellen. Diese folgen aus der Allgemeinen Relativitätstheorie und wurden erstmals 1916 von Einstein vorhergesagt. Sie konnten jedoch bislang noch nicht direkt nachgewiesen werden.
Seit 2005 werden 35 Prozent der Rechenleistung auch für die Suche nach Pulsaren verwendet. Dabei werden Daten vom PALFA Projekt des Arecibo Telescope analysiert. Die Beteiligung an Einstein@Home ist freiwillig. Man kann sich registrieren lassen und bekommt automatisch und regelmäßig Datenpakete runtergeladen. Immer wenn der Computer gerade nichts zu tun hat, arbeitet er daran. Die Ergebnisse werden dann wieder zurückgeschickt und zur Überprüfung mit anderen Auswertungen verglichen.
Bis jetzt haben bereits über 250.000 Teilnehmer aus 192 Ländern zu dem Projekt beigetragen, pro Woche sind etwa 100.000 Heim- und Bürocomputer im Einsatz. Die vergleichsweise günstige Rechenleistung entspricht fast jener von Hochleistungsrechnern, laut den Forschern sind es etwa 0,25 Petaflops pro Sekunde. Einstein@Home nutzt wie die meisten ähnlichen Initiativen die Open-Source Software BOINC, ein Betriebssystem für verteiltes Rechnen im Internet.
Pulsar entdeckt
Zur Studie in "Science":
"Pulsar Discovery by Global Volunteer Computing" von B. Knispel et al.
Nun können die Projektbetreiber einen ersten Erfolg vermelden: Ein Deutscher und ein amerikanisches Ehepaar haben einen neuen Radiopulsar entdeckt, Daniel Gebhardt von der Universität Mainz und Chris und Helen Colvin aus Ames, Iowa in den Vereinigten Staaten. Sein Signal war in Daten des Arecibo Observatoriums verborgen.
Der neue Pulsar mit der Bezeichnung PSR J2007+2722 ist laut den Wissenschaftlern ein Neutronenstern, der sich 41 Mal pro Sekunde um seine eigene Achse dreht. Er befindet sich in der Milchstraße ungefähr 17.000 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Vulpecula (Füchschen). Anders als die meisten Pulsare, die schnell und kontinuierlich rotieren, ist PSR J2007+2722 ein Einzelgänger, er besitzt also keinen ihn umkreisenden Begleitstern.
Astronomen interessieren sich deshalb besonders für dieses Objekt, da es sich sehr wahrscheinlich um einen "recycled" Pulsar handelt – einen Neutronenstern, der zunächst von seinem engen Nachbarstern noch Masse und Drehimpuls aufgenommen hatte, ihn aber dann verloren hat. Allerdings können die Wissenschaftler auch nicht ausschließen, dass es ein sehr junger Pulsar mit einem ungewöhnlich niedrigen Magnetfeld sein könnte.
"Dies ist ein spannender Moment für Einstein@Home und die freiwilligen Amateurwissenschaftler. Es zeigt, dass durch die Teilnahme der Öffentlichkeit an der Wissenschaft neue Dinge in unserem Universum entdeckt werden können", so Bruce Allen, Leiter von Einstein@Home und Direktor am Albert-Einstein-Institut.
science.ORF.at