"Superhelden aus dem Comic bekämpften in der Vergangenheit Bösewichte. Zu ihnen konnten Buben noch aufschauen und von ihnen lernen. Ohne ihr Kostüm waren sie richtige Menschen, mit echten Problemen und Schwachstellen - wie z.B. Superman", sagte die Psychologin Sharon Lamb bei der Jahrestagung der amerikanischen Psychologengemeinschaft.
Die Superhelden der Gegenwart hingegen seien zu sehr Actionfiguren, die pausenlos von der einen brutalen Szene zur nächsten, noch brutaleren geraten. Lamb hat gemeinsam mit Lyn Mikel Brown und Mark Tappan das Buch "Packaging Boyhood" geschrieben, das die Auswirkungen von Superhelden auf die männliche Jugend untersucht.
Sharon Lamb, Lyn Mikel Brown, Mark Tappan und Carlos Santos halten Vorträge zum Thema: "Boyhood - Making and Resisting Masculinity" auf dem jährlichen Kongress der American Psychologist Association.
Superman besser als Iron Man?
Wettkampf statt Teamwork, persönliche Macht statt gemeinsamer Kraft, cool sein statt sich selbst treu sein - Werte ändern sich im Laufe der Zeit, sogar für Superhelden. Früher kämpfte der Held noch unter Pseudonym und mit Maske und kaschierte sein "normales" Leben mit einem langweiligen Bürojob. Er arbeitete stets gegen das Böse und half dem Guten - er war also das personifizierte Gute.
(Comic-)Superhelden von heute hingegen sind reich, egoistisch, sarkastisch und haben kein Problem, Menschen regelrecht abzuschlachten, meint die Psychologin. Sie verstecken sich auch nicht mehr hinter Masken, sondern nutzen ihre Bekanntheit offen, um möglichst viele Frauen abzuschleppen. Paradebeispiel dafür ist die Figur Iron Man (siehe Bild).
Macho Macho - kannst net lernen...
Das krasse Gegenteil zum Superheld-Stereotyp ist nach Ansicht der Forscherin der Faulpelz-Stereotyp. Er sitzt herum, schaut fern, hat wenig Freunde, isst zu viel und bekommt regelmäßig schlechte Noten in der Schule. Er ist dafür aber lustig und völlig verantwortungsfrei. Lamb meint, männliche Jugendliche werden nur mehr in diesen beiden Kategorien unterteilt. Wer nicht das Zeug zum Superheld hat, wird eben faul. Keineswegs eine erfreuliche Entwicklung.
Auch das gängige Macho-Gehabe der jungen Männer ist - zumindest psychologisch gesehen - nicht von Vorteil. Der Entwicklungspsychologe Carlos Santos von der Arizona State University hat festgestellt, dass Burschen, die nicht in die "Macho-Schiene" kippen, weniger Probleme in ihrem sozialen Umfeld und mit Beziehungen haben.
Man müsse seinen Kindern beibringen, Superhelden differenziert zu sehen, meinen die Forscher. Sie sollen nicht irgendwelchen Rollen entsprechen wollen, sondern sich selbst finden. Und da sind sich die Psychologen einig: Je früher man erklärt, welche Fehler die medialen Darstellungen beinhalten, desto besser für Gesundheit und soziales Umfeld der Kinder.
Günter Stummvoll, science.ORF.at
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