Standort: science.ORF.at / Meldung: "Nachgebaut: Photosynthese mit Selbstreparatur"

Durch das Blatt eines Baumes scheint die Sonne.

Nachgebaut: Photosynthese mit Selbstreparatur

Für die Entwicklung der Photosynthese hat die Natur Millionen von Jahren gebraucht. Der künstliche Nachbau der Umwandlung von Sonnenlicht in chemische Energie scheint schneller zu gehen. US-Forscher berichten von einer wichtigen Etappe: Sie haben ein photoelektrochemisches System entwickelt, das sich selbst regenerieren kann.

Chemie 06.09.2010

Die Stabilität und Effizienz des Systems seien im Vergleich mit herkömmlichen Solarzellen sehr hoch, schreibt eine Forschergruppe um Michael Strano vom Massachussetts Institute of Technology (MIT) in einer Studie.

Die Studie:

"Photoelectrochemical complexes for solar energy conversion that chemically and autonomously regenerate" von Michael Strano et al. ist in "Nature Chemistry" erschienen.

Ein cleveres Verfahren der Natur

Wie so vieles, was Menschen versuchen nachzubauen, ist auch die Photosynthese ein ziemlich cleveres Verfahren der Natur. Pflanzen, Algen und einige Bakterien übersetzen dabei mit Hilfe lichtabsorbierender Farbstoffe elektromagnetische in chemische Energie. Daraus stellen sie Kohlenhydrate her, die sie für ihr Wachstum und ihren Stoffwechsel verwenden.

Eines der praktischen Probleme, die sich beim Versuch des Nachbaus ergeben, liegt in der Natur der Sonnenstrahlen selbst. So sehr sie als treibende Kraft des Prozesses nötig sind, so sehr haben sie auch ein destruktives Potenzial. Die Moleküle, die für die Verarbeitung des Lichts verantwortlich sind, werden bei ihrer Tätigkeit nämlich aufgespalten, verfügen aber über erstaunlich effiziente Mechanismen der Selbstreparatur.

"Bei starkem Lichteinfall im Sommer können Blätter eines Baumes die benötigten Proteine alle 45 Minuten erneuern", erklärt Michael Strano, "ein wirklich beeindruckender und extrem wirkungsvoller Mechanismus". Genau diesen haben er und seine Kollegen nun mit Hilfe von Komponenten in Nanogröße künstlich imitiert.

Sieben Bestandteile, die sich selbst reparieren

Mit diesem Gerät haben die Forscher die Eigenschaften des selbstreparierenden Photosynthese-Systems untersucht.

Patrick Gillooly, MIT

Mit diesem Gerät haben die Forscher die Eigenschaften des selbstreparierenden Photosynthese-Systems untersucht.

Dazu gehören Phospholipide, Moleküle, die sich scheibenförmig anordnen; auf ihnen sitzen die sogenannten Reaktionszentren: jene Moleküle, die auf die einfallenden Sonnenstrahlen reagieren und Elektronen abgeben. Alle zusammen befinden sich in einer Lösung, in der sie sich spontan an winzige Kohlenstoff-Nanoröhrchen heften.

Diese "Nanotubes" sorgen zum einen für die optimale und gleichförmige Ausrichtung der Reaktionszentren in Richtung Sonne, zum anderen sammeln und leiten sie den Elektronenstrom der reaktiven Moleküle.

Insgesamt besteht das System aus sieben Bestandteilen - laut Strano das bisher umfangreichste, das zur Selbstregeneration fähig ist. Der Mechanismus selbst funktioniert so: Durch die Zugabe einer bestimmten Substanz in die Lösung fallen die sieben Bestandteile zu einem "Suppengemisch" auseinander. Sobald die Substanz durch eine Membran wieder hinausgefiltert wird, ordnen sich die Bestandteile wieder zu den photovoltaischen Zellen.

Stetig und effizient

Das der Natur entliehene Schauspiel von Auseinanderbrechen und Wiederherstellung haben die Forscher im Labor in mehreren Zyklen wiederholt. Nach 14 Stunden z.B. konnten die synthetischen Zellen genauso gut Licht umwandeln wie zu Beginn der Versuchsanordnung. Diese Stetigkeit ist wichtig, sollte das System einmal kommerziell zur Energiegewinnung benutzt werden.

Ebenso entscheidend ist der Wirkungsgrad, der bei der neuen Technologie laut den Forschern bei 40 Prozent liegt. Mit anderen Worten: 40 Prozent der einfallenden Lichtenergie wird in chemische umgewandelt. Das ist rund das Doppelte des Wertes, den die besten der heute handelsüblichen Solarzellen erzielen. Theoretisch könne er bis auf 100 Prozent gesteigert werden, sagt Michael Strano.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

Mehr zu dem Thema: