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Trockenes Wasser in einer Schale im Labor

Trockenes Wasser für alle Lebenslagen

Dass Wasser auch in trockener Form vorliegen kann, klingt bizarr, ist aber seit über 40 Jahren zumindest in Fachkreisen bekannt. Der "Wasser-Staubzucker" könnte in Zukunft in vielen Zweigen der Industrie eingesetzt werden, berichten nun Forscher. Nebst anderem soll er dabei helfen, die Energiekosten zu senken.

Nanotechnologie 23.09.2010

Das ist das Ergebnis einer Studie, die von Andrew Cooper und seinem Team der Universität in Liverpool vor Kurzem beim 240. National Meeting of the American Chemical Society in Boston präsentiert wurde.

Pulver für niedrige Stromrechnung

Das Pulver kann zum Beispiel bei der Gewinnung von Bernsteinsäure aus der Reaktion von Wasserstoff und Maleinsäure als Katalysator eingesetzt werden. Bernsteinsäure wird häufig zur Herstellung von Lebensmitteln, Medikamenten und Kosmetik verwendet.

Normalerweise müssen die Zutaten bei der Herstellung dieser Säure umgerührt werden. Das ist jedoch nicht notwendig, wenn stattdessen trockenes Wasser beigemengt wird.

"Müssten Wissenschaftler bei solchen Reaktionen künftig nicht mehr umrühren, würde das eine enorme Energieersparnis bedeuten", erklärt Ben Carter, ein Forscher von Coopers Team in einer Presseaussendung. Das Pulver ist erst vor kurzem wieder entdeckt worden.

Renaissance eines alten Produktes

Sogenanntes trockenes Wasser gibt es schon seit 1968. Es wurde von Forschern der Firma Degussa, die heute Teil des Evonik-Konzerns ist, erfunden. Trockenes Wasser sieht aus wie feiner Sand oder Staubzucker und wird zum Beispiel in der Kosmetikindustrie eingesetzt.

Es besteht zu 95 Prozent aus Wasser, die restlichen fünf Prozent sind Quarz. Jedes Teilchen des Pulvers besteht aus einem winzigen Wassertropfen, der von einer Quarzschicht umgeben ist. Dadurch wird verhindert, dass die Wassermoleküle wieder miteinander in Berührung kommen und das Wasser flüssig wird.

2006 ist das Material von einer Gruppe Forscher um Bernie Binks, die sich mit der Struktur von trockenem Wasser beschäftigt haben, wiederentdeckt worden. Seitdem hat auch Cooper begonnen, sich für die Substanz zu interessieren und neue Anwendungsmöglichkeiten dafür zu finden.

Das Pulver als Bindemittel

Trockenes Wasser könnte sich auch gut zur Flüssigkeitsspeicherung eignen, besonders für Emulsionen. Emulsionen sind Flüssigkeiten aus zwei oder mehr Komponenten, die sich nicht ineinander lösen, zum Beispiel die Mischung von Öl und Wasser in Mayonnaise.

Außerdem kann trockenes Wasser sehr leicht Gase an sich binden. Damit könnten zum Beispiel Treibhausgase wie CO2 gebunden werden.

Die Wissenschaftler haben in früheren Studien auch schon festgestellt, dass mit trockenem Wasser Methanvorkommen am Meeresgrund leichter abgebaut werden könnte, um es als Treibstoff zu verwenden. Methan ist allerdings ein sehr starkes Treibhausgas.

Peter Stenitzer, science.ORF.at

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