Offenbar hinterlässt fettes Essen Spuren im männlichen Erbgut. Ein weiterer Beleg dafür, dass uns nicht nur Gene, sondern auch Umweltfaktoren prägen - und das sogar über Generationen hinweg.
Auch Umwelteinflüsse "vererben" sich
Neben dem Rauchen zählt die Fettleibigkeit in den westlichen Industriestaaten zu den größten Gesundheitsrisiken. Unter anderem ist sie mit verantwortlich für die immer frühere Entwicklung von Typ-2-Diabetes. Die Hauptursache dieser Erkrankung ist ein im Laufe des Lebens steigender Insulinbedarf bei Überernährung. Das Hormon wird in der Bauchspeicheldrüse produziert. Der Körper benötigt es, um den Zuckerhaushalt zu regulieren. Falsche und fettreiche Ernährung führen also langfristig zur Störung des Stoffwechsels.
Aber Übergewicht und Fehlernährung ist nicht nur für die Betroffenen selbst ein gesundheitliches Problem. Wie Untersuchungen nahe legen, tragen Kinder fettleibiger Eltern ein erhöhtes Risiko, ebenfalls übergewichtig zu werden. Natürlich spielt die Veranlagung, also die genetische Ausstattung, dabei eine gewisse Rolle. Aber die Hinweise verdichten sich, dass auch Umweltfaktoren gewissermaßen "mitvererbt" werden. Das heißt, die nächste Generation bekommt es noch zu spüren, wenn die Eltern ungesund gelebt bzw. sich falsch ernährt haben.
Mütterliche Ernährung wirkt nach
Zur Studie in "Nature":
"Chronic high-fat diet in fathers programs b-cell dysfunction in female rat offspring" von Margaret J. Morris et al.
So hat man etwa festgestellt, dass männliche Mäuse, deren Mütter sich fettreich ernährten, schwerer und häufig zuckerkrank sind sowie Insulinresistenzen entwickeln. Letztere pflanzten sich sogar bis in die dritte Generation fort. Eine andere Studie an Mäusen zeigte, dass die Ernährungsweise von Schwangeren auch noch ganz andere erstaunliche Auswirkungen bis in die zweite Generation der Nachkommen haben kann. Dabei hatte der nährstoffreiche Speiseplan werdender Mütter zu einer veränderten Fellfarbe bei den Kindern sowie den Enkeln geführt.
Auf der väterlichen Seite ist der Einfluss von Umweltfaktoren weniger gut belegt. Man weiß allerdings, dass starkes Übergewicht Konzentration, Beweglichkeit und Qualität der Spermien beeinträchtigt - auch beim Menschen. Schäden in deren Erbgut sind unter diesen Umständen ebenfalls häufiger.
Kranke Töchter
Um den väterlichen Einfluss auf den Stoffwechsel des Nachwuchses zu untersuchen, fütterten die Forscher rund um Margaret J. Morris von der University of New South Wales männliche Ratten mit fettreicher Nahrung. Wie zu erwarten wurden die Männchen übergewichtig, bald hatten sie einen erhöhten Blutzuckerspiegel und waren zum Schluss gegen das Hormon Insulin resistent.
Mittels Epigenetik lässt sich generell der Einfluss der Umwelt auf unsere Gene erklären, denn das sogenannte Epigenom verändert sich viel leichter als das Genom selbst. Infolge dessen können sich selbst Menschen mit identischen Genen deutlich voneinander unterscheiden. Und erstaunlicherweise können epigenetische Signale sogar von den Eltern an die Kinder weitergegeben werden.
Nach der Paarung mit normal ernährten Weibchen, stellten die Wissenschaftler fest, dass die weiblichen Nachkommen zwar in ihrer Kindheit ein normales Körpergewicht hatten, im Erwachsenenalter aber für Typ-2-Diabetes typische Stoffwechselstörungen entwickelt hatten. Zudem waren bei ihnen zahlreiche Gene der Bauchspeicheldrüse verändert, die normalerweise den Zuckerspiegel regeln. Ob es bei männlichen Nachkommen die gleichen Effekte gibt, ist laut den Wissenschaftlern noch unklar.
Väterliche Einflüsse
Die Forscher vermuten, dass der Fettkonsum der Vatertiere die Spermien verändert hat - alle Indizien sprechen für epigenetische Veränderungen. Dabei ändert sich nicht die DNA selbst, sondern lediglich die Expression der Gene. Sie erfolgt über die Methylierung der DNA: Chemische Gruppen werden an bestimmte DNA-Bausteine angehängt und können so Gene regulieren - aktivieren oder auch stilllegen.
Ö1-Sendungshinweis
Über den Umgang mit Ernährungsempfehlungen berichtete "Ganz Ich -Wohlfühlen mit Ö1" am So, 17.10., 16:30
Die Lebensführung beeinträchtigt laut den Forschern offenbar nachhaltig die Spermatogenese. Das vermehrte Körperfett verändert demnach unter anderem die Temperatur in den Hoden und Nebenprodukte des fehlgesteuerten Stoffwechsels schädigen direkt die Keimzellen. So führt eine fettreiche Ernährung des Vaters zu den Diabetes-Symptomen der Tochter. Die Ergebnisse zeigen, dass auch Väter und ihre Lebensweise bei der Entstehung von Krankheiten langfristig eine wichtige Rolle spielen können.
Eva Obermüller, science.ORF.at
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