Die Farbe des Goldes
Das Global Positioning System wird gerne als Beispiel genannt, wenn es um die Bedeutung der beiden Einstein'schen Relativitätstheorien für den Alltag geht. Würde das GPS nämlich nicht laufend in Bezug auf relativistische Effekte korrigiert, es wäre schlichtweg unbrauchbar. Aber man muss nicht unbedingt die Hochtechnologie bemühen, um Einstein zu seinem Recht im Alltag zu verhelfen.
Der Farbton des Goldes beruht beispielsweise ebenfalls auf einem relativistischen Effekt. In Kurzfassung: Gold hat einen schweren Atomkern mit 79 Protonen, was schon relativ nahe an der natürlichen Zerfallsgrenze ist. Unter den stabilen Elementen gibt es nur vier mit einem noch schwereren Kern, nämlich Quecksilber, Thallium, Blei und Bismut. In dieser Liga übt der stark positiv geladene Kern eine so große Anziehungskraft auf die rotierenden Elektronen aus, dass sie, um ihr zu widerstehen, gehörig an Tempo zulegen müssen.
Ö1 Sendungshinweis:
Über "Einstein unter der Motorhaube" berichtet auch Ö1 Wissen aktuell: 18.1., 13:55 Uhr.
Einsteins Spezieller Relativitätstheorie zufolge geht die hohe Geschwindigkeit auch mit einer Zunahme an Masse einher, was sich vor allem bei den Elektronen der kugelförmigen s-Orbitale auswirkt. Deren Bahnen sind im Vergleich zu anderen Elementen deutlich enger geführt.
Das ist laut Physikern der Grund dafür, dass die beiden Metalle Silber und Gold unterschiedlich aussehen. Während Silber sämtliche Frequenzen des Lichtes gleichermaßen reflektiert und daher farblos schimmert, reagiert Gold auf Grund der engeren s-Orbitale anders: Es absorbiert blaues Licht. Die übrig gebliebenen Frequenzen ergeben einen gelblich schimmernden Farbton - Gold eben.
Theorie für die Batterie
Die Studie
"Relativity and the Lead-Acid Battery" ist in den "Physical Review Letters" (Bd. 106, 018301) erschienen.
Laut einer aktuellen Studie passiert in Autobatterien etwas ganz Ähnliches. Rajeev Ahuja von der Universität Uppsala hat nun mit vier Kollegen die Wirkungsweise von Bleiakkumulatoren mit einem theoretischen Modell beschrieben. Das wurde zwar schon früher gemacht, die fünf Physiker haben das laut Eigenaussage nun erstmals mit Hilfe fundamentaler Prinzipien getan. Und wo das Fundament der Physik berührt wird, darf freilich auch Einstein nicht fehlen.
Bleiakkumulatoren wurden bereits vor 150 Jahre erfunden und bestehen im Wesentlichen aus drei Dingen: zwei Elektroden aus Blei bzw. Bleioxid, die in einer Elektrolytlösung aus Schwefelsäure baden. Bei der Entladung des Akkus wandern Elektronen von der negativen zur positiven Elektrode und erzeugen eine Spannung von ca. zwei Volt. Sofern man einzelne Akkuzellen in Serie schaltet, ist das genug Strom, um einen Automotor in Gang zu setzen.
85 Prozent auf Einsteins Konto
Laut Ahuja stammen 1,7 Volt, also rund 85 Prozent von relativistischen Effekten. Andres ausgedrückt: Wären beim Blei nicht die s-Orbitale und in geringerem Ausmaß auch p-Orbitale zusammengedrückt, dann würde es sich im Wesentlichen so wie das leichtere (und in derselben Gruppe des Periodensystems stehende) Zinn verhalten.
Zinn würde sich theoretisch auch für Akkumulatoren eignen, aber eben nur theoretisch. Denn praktisch ist es aufgrund seiner eher geringen Wechselwirkung mit wandernden Elektronen zu unrentabel. Die Ursache dafür liegt, wie Ahuja und seine Kollegen nun erstmals rechnerisch nachweisen, im Atomkern der beiden Elemente: Beim Zinn sitzen darin 50 Protonen, beim Blei sind es hingegen 82. Irgendwo dazwischen kommt Einstein ins Spiel.
Robert Czepel, science.ORF.at
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