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hochzeitsfoto eines glücklichen Paars

Die Liebe im Internet neigt zur Eile

Knapp vor Valentinstag stellt sich für viele Singles wieder die Frage: Wie finde ich den Richtigen oder die Richtige? Eine Möglichkeit sind Online-Partnerbörsen. Ist der Persönlichkeitstest erst einmal ausgefüllt, sorgt eine psychologisch ausgefeilte Software für die passenden Treffer.

Psychologie 10.02.2011

Wie eine am Donnerstag präsentierte Studie von Parship zeigt, haben es Paare, die sich auf diesem Weg kennengelernt haben, ziemlich eilig. Vor dem aktuellen Partner haben sie sich nur mit drei anderen Mitgliedern der Online-Agentur getroffen. Zwei Drittel der Paare heiraten in den ersten beiden Jahren, ein Viertel bekommt bereits im ersten Beziehungsjahr ein Kind.

Ob sie sich dann auch schnell wieder scheiden lassen, ist noch nicht bekannt, erklärt die Psychologin Caroline Erb in einem science.ORF.at-Interview.

Porträtfoto der Psychologin Caroline Erb

Parship

Caroline Erb ist Diplompsychologin mit einer Zusatzausbildung zur Klinischen und Gesundheitspsychologin, seit 2007 arbeitet sie für Parship.

science.ORF.at: Zu Valentinstag schenkt man sich Blumen, macht sich Komplimente etc.: Wie passt es da, die Liebe durch einen Suchalgorithmus finden zu lassen? Ist das nicht unromantisch?

Caroline Erb: Nein, finde ich gar nicht. Früher hat man einander auf Büttenpapier Liebesbriefe geschrieben, jetzt zäumt man das Pferd von hinten auf und lernt sich stufenweise kennen. Abgesehen vom Persönlichkeitstest müssen die Partnersuchenden ihre Kreativität einsetzen, wenn sie einander schreiben. Und das kann auch sehr romantisch sein. Ob der Funke dann überspringt, zeigt sich natürlich erst bei den realen Treffen.

Bevor es zu dem Treffen kommt, ist aber das Matchmaking vorgeschaltet - da muss die alte Frage beantwortet werden: Was ist wichtiger in der Liebe, die Gegensätze oder die Ähnlichkeiten?

Die Sätze "Gegensätze ziehen sich an" sowie "Gleich und gleich gesellt sich gern" haben beide ihre Richtigkeit. Für eine stabile Beziehung kommt es auf die richtige Balance an. Manche Eigenschaften sollten ähnlich sein, manche Konstellationen unterschiedlich. Ein Beispiel: Der Wunsch nach Partnernähe sollte ähnlich sein, es hat keinen Sinn, wenn der eine eine Wochenendbeziehung führen und der andere am liebsten Tag und Nacht mit dem Partner verbringen möchte. Konflikte sind dann vorprogrammiert. Umgekehrt ist der Durchsetzungswille eine Eigenschaft, die besser unterschiedlich verteilt ist. Denn sonst streiten die beiden schon in der Früh, wo sie am Abend essen gehen wollen.

Wie stark gewichtet der Persönlichkeitstest Ähnlichkeiten und Gegensätze?

Mit 75 Prozent sind die Persönlichkeitsfaktoren bei unserem Test am wichtigsten. Zu je einem Achtel fließen Gewohnheiten und Interessen ein. Bei den letzteren beiden sollten einander die Partner eher ähnlich sein. Es müssen nicht beide Golf spielen, aber sie sollten beide gerne aktiv sein. Marathonläufer und Couchpotatoes haben ein Konfliktpotenzial. Bei den Persönlichkeitsmerkmalen - also etwa Betonung von Verstand oder Gefühl, Extroversion-Introversion etc. - hingegen geht es um ein ausgewogenes Verhältnis von Gegensätzen und Ähnlichkeiten.

Im Hintergrund des Tests sollen Ansätze der Psychonalyse und der Verhaltenstheorie stehen. Können Sie das an einem Beispiel festmachen?

Das betrifft v.a. projektive Fragen, die etwa Bildsequenzen aus Träumen zum Inhalt haben und zu Assoziationen führen. Details unserer "Liebesformel" kann ich aus Wettbewerbsgründen aber leider nicht preisgeben. Wichtig ist, dass es sich dabei nicht um eine Selbsteinschätzung handelt, bei dem man sich ins rechte Licht rücken und schummeln kann, sondern um einen wissenschaftlich fundierten Test, der ein objektives Maß für die Partnerschaftspersönlichkeit liefert.

Nehmen wir einmal an, ich fülle den Test im Dezember aus, als völlig deprimierter Single, dem vor Weihnachten und Silvester graut. Wird sich der objektive Test dann durch meine Stimmung nicht sehr subjektiv färben?

Natürlich ist die Tagesverfassung wichtig, aber der Test ist so ausführlich, dass sich kaum Unterschiede ergeben werden, auch wenn Sie ihn an zwei verschiedenen Tagen machen. Wir merken allerdings, dass es tatsächlich Zeiten gibt, zu denen sich mehr Mitglieder registrieren als üblich, etwa zu Weihnachten, Silvester und im Frühling. Zu Zeiten also, wo man mehr über sich nachdenkt, das Schicksal eher in die eigene Hand nimmt und auf Partnersuche geht.

Wiederholen kann ich den Test aber nicht?

Wenn Sie das Gefühl haben, an dem Tag besonders von Stimmungen beeinflusst gewesen zu sein und den Test "verpatzt" haben, dann kann man sich an das Kundenservice wenden und ihn noch einmal absolvieren. In der Regel kommt das aber kaum vor.

Wird der Test selbst überarbeitet oder steht der ein für allemal fest?

Er wird laufend von einem Psychologenteam in Hamburg kontrolliert und gewartet. Alleine schon wegen der kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede in den 14 Ländern, in denen wir auf dem Markt sind. Fragen und Antworten differieren hier geringfügig, da geht es oft um Nuancen.

Gilt das auch für die Homosexuellen-Variante, die Sie ja auch anbieten?

Ja, auch hier sind die Unterschiede marginal, sie betreffen etwa Formulierungen, ob man sich eine gemeinsame Ehe vorstellen kann, was natürlich juristische Gründe hat.

Die 1.000 in der aktuellen Studie befragten Paare waren alle heterosexuell?

Ja, es war die erste Befragung dieser Art, zu homosexuellen Paaren haben wir noch keine Daten. Während sich unsere bisherigen Studien mit dem Zustandekommen von Beziehungen beschäftigt haben, ging es nun um die Zeit danach.

Ö1 Sendungshinweis:

"Die Liebe neu erfinden": Der Philosoph Wilhelm Schmid über die Lebenskunst im Umgang mit Anderen: Kontext - Sachbücher und Themen, 4.2., 9:05 Uhr.

Parship-Paare haben es demnach sehr eilig: Mehr als zwei Drittel haben sich innerhalb der ersten drei Monate kennengelernt; die Hälfte wurde innerhalb von zwei Wochen nach dem ersten Treffen zum Paar; bei Paaren, die gemeinsame Kinder haben, dauert es im Schnitt 2,4 Jahre, bis das erste kommt. Woher diese Eile?

Wenn man selbst intensiv nach einem Partner sucht - und das tun unsere Kunden -, dann will man ab einem bestimmten Alter Nägel mit Köpfen machen. Nach 30 Lebensjahren, wenn die ersten Beziehungen bereits zu Ende sind, vielleicht schon Kinder geboren wurden, man bereits im Berufsleben steht, ist die Erwartungshaltung anders als früher. Wenn diese Menschen jemanden gefunden haben, der zu ihnen passt, spulen sie eher das ganze Programm ab als jemand, der sich noch umschauen möchte.

Die durschnittliche Scheidungsrate liegt in Österreich bei 50 Prozent, die Ehen dauern im Schnitt knapp zehn Jahre: Zum zehnten Geburtstag von Parship müsste es eigentlich auch schon die ersten Scheidungen geben.

Vermutlich, das wissen wir aber nicht. Die Stabilität der Beziehungen gilt es in weiteren Studien zu untersuchen, wobei wir uns natürlich eher auf die Erfolgsgeschichten konzentrieren.

Vielleicht sind Parship-Partner ja auch bei Scheidungen schneller?

Das kann sein (lacht), aber wie gesagt: Dazu wissen wir noch nichts.

Interview: Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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