Einfluss dabei hat insbesondere das Geschlecht des Menschen. Dies sei rückführbar auf unsere Hormone, meint der Verhaltensbiologe und Studienleiter Kurt Kotrschal.
"Soziale Beziehungen bei Mensch und Tier ähnlich"

Kurt Kotrschal
Kurt Kotrschal leitet die Konrad-Lorenz-Forschungsstelle für Ethologie in Grünau. An der Universität Wien ist er stellvertretender Leiter des Departments für Verhaltensbiologie.
Die Studie ging davon aus, dass Menschen und andere Säugetiere in ihrem Gehirn eine Reihe sozialer Mechanismen teilen. Darunter fallen zum Beispiel Bindungsverhalten oder auch Emotionen. Es sei daher anzunehmen, dass Zweierbeziehungen zwischen Tier und Mensch ähnlich funktionieren wie bei rein menschlichen Paaren.
"Im Prinzip betrachten wir Mensch-Tier-Beziehungen wie ganz normale Mensch-Mensch-Beziehungen, nämlich als soziale Beziehungen", erklärt Kotrschal. Wie auch zwischen Menschen, bestünden solche Beziehungen also aus einem Wechselspiel zwischen Konflikt und Versöhnung.
Dyaden als Ausgangspunkt
Um den Beziehungsstrukturen zwischen Hauskatze und Mensch auf den Grund zu kommen, beobachtete das Forschungsteam um Kurt Kotrschal 40 Besitzer und Besitzerinnen und ihre felinen Lieblinge. Wichtig war dabei, dass es sich in allen Fällen um reine Zweierbeziehungen, sogenannte Dyaden, handelte.
Darunter versteht man eine wechselseitige Paarbeziehung, die längerfristig ist und auch einen gewissen Wert für beide Partner besitzt. Meist gehe es um einen emotionalen Wert. Bei der Dyade zwischen Mensch und Katze erhalte beispielsweise die Katze Nahrung und Pflege und gebe dem Besitzer dafür Zuwendung. "Das ist wirklich ein Gegengeschäft", so Kotrschal.
Videoanalysen zeigen Verhaltensmuster
Zur Studie:
"Factors influencing the temporal patterns of dyadic behaviours and interactions between domestic cats and their owners" von M. Wedl et al.
Die Studie beschränkte sich auf Besitzer mit Wohnungskatzen, denn Katzen mit Freigang würden sich häufig weniger auf den Menschen beziehen. Die Teilnehmer wurden über Tierarztpraxen und Anrufe kontaktiert und erklärten sich freiwillig bereit, sich von den Forschern viermal in regelmäßigen Abständen bei der Interaktion mit ihrer Katze filmen zu lassen. Die Verhaltensbeobachtungen reichten dabei von Lautäußerungen zwischen Mensch und Katze, über das Füttern bis hin zu spielerischen Interaktionen. Analysen dieses Materials ließen Aufschlüsse darüber zu, welche sogenannten Zeitmuster in solchen Dyaden existieren.
"Damit sind Verhaltensrituale zwischen Mensch und Katze gemeint", erklärt Kotrschal. "Wenn diese Verhaltensweisen immer gepaart auftreten, sprechen wir von einem Zeitmuster. Also eine Folge von Verhaltensweisen, die immer wieder auftreten: Der Besitzer greift zur Katzenfutterdose, die Katze stürmt in die Küche, umstreicht seine Beine und maunzt auf bestimmte Weise."
Es zeigte sich dabei, dass die Verhaltensflüsse äußerst komplex sein können. Erst mittels spezieller Software konnten die Muster überhaupt identifiziert werden.
Ergebnisse zeigen Einfluss des Geschlechts
Persönlichkeitszüge der KatzenhalterInnen, die über einen etablierten psychologischen Fragebogen erhoben wurden, bestimmen Art und Häufigkeit der Interaktion zwischen Mensch und Katze. Personen, die im Fragebogen einen höheren "Neurotizismuswert" erreichten, zeigten weniger Zeitmuster im Umgang mit ihrer Katze.
Von Seiten der Tiere aus war besonders das Alter wichtig. Je älter die Katze, desto einfacher waren die Interaktionsmuster. Da junge Katzen verspielter sind, bilden sie mit ihren BesitzerInnen komplexere Verhaltensabläufe aus.
Besonders auffällig sei jedoch, dass in den Katze-Frau-Beziehungen mehr Verhaltensmuster gefunden wurden als bei männlichen Besitzern. Frauen agierten also mehr und intensiver mit ihren Tieren. Das Interaktionsinteresse bei Männern sei hingegen niedriger. Der Verhaltensbiologe sieht männliche Sexualhormone als Ursache hierfür: "Das liegt an unseren Androgenen. Es gibt aktuelle Studien, die zeigen, dass ein Mensch weniger sozial aktiv ist, je mehr Androgene er besitzt." So hätten aktuelle Studien auch demonstriert, dass kastrierte Männer genauso wie Frauen interagieren.
Schlussfolgerungen auf menschliche Paarbeziehungen
Im Falle rein menschlicher Paarbeziehungen gebe es natürlich auch immer eine sozio-sexuelle Komponente. "Das ist zwischen Mensch und Katze hoffentlich nicht so."
Unterschwellig mitunter wohl schon, denn ein Resultat der Studie sei gewesen, dass die Art der Interaktionen in heterosexuellen Kombinationen, also Kater und weiblicher Besitzer und umgekehrt, in ihrer Komplexität abnehmen und vorhersagbaren Routinen gleichen. Dies sei für Kotrschal vergleichbar mit lange vertrauten Ehepaaren: "Oft reicht es ja, wenn man etwas grummelt, und der Partner weiß genau, was gemeint ist und reagiert in vorhersagbarer Weise."
Dieser Effekt zeige sich jedoch nicht bei gleichgeschlechtlichen Katze-Mensch-Paaren. Eine Erklärung dafür müsse erst noch gefunden werden.
Insgesamt könne man jedoch davon ausgehen, dass die beobachteten Zeitmuster in Beziehungen ein guter Parameter sind, um Struktur und Qualität einer Beziehung zu beurteilen. Dabei sei mit Qualität keine Wertung gemeint, sondern beispielsweise "ob eine Beziehung enger oder ein bisschen distanzierter ist." Eine gute Partnerschaft mache vermutlich aus, dass sie sehr synchronisiert ist, also viele solche Muster zeigt.
Tobias Körtner, science.ORF.at