Standort: science.ORF.at / Meldung: "Quantenbytes kommunizieren per Funk"

Grafische Darstellung der Quantenantenne

Quantenbytes kommunizieren per Funk

Eine grundlegend neue Architektur für einen künftigen Quantencomputer schlagen Innsbrucker Physiker vor. Sie haben im Experiment erstmals die Funktion von Quantenantennen demonstriert. Dabei kommunizieren Quantenbytes quasi per Funk miteinander. Damit wird der Bau von handlicheren Quantencomputern denkbar.

Quantenphysik 23.02.2011

Ionen festhalten und kontrollieren

Zur Studie in "Nature":

"Trapped-ion antennae for the transmission of quantum information" von Maximilian Harlander et al.

Vor sechs Jahren haben die Physiker der Uni Innsbruck und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erstmals ein sogenanntes Quanten-Byte erzeugt.

Ö1 Sendungshinweis:

Über die Studie berichtet auch "Wissen Aktuell" am 24.2., 13:55.

Das ist ein kleiner Quantencomputer mit acht Recheneinheiten - bestehend aus acht miteinander verschränkten Ionen. Mit diesen acht Quantenbits halten die Innsbrucker Wissenschaftler nach wie vor den Weltrekord. Doch um mit einem Quantencomputer richtig rechnen zu können, "benötigen wir wesentlich mehr Quantenbits", erklärte Rainer Blatt im Gespräch mit der APA.

Grafische Darstellung von Quantensimulator

Harald Ritsch, IQQQI

Quantensimulator:

In einer weiteren Studie im aktuellen "Nature" stellen Physiker derselben Arbeitsgruppe auch einen neuartigen Quantensimulator vor, der bisher störende Umwelteinflüsse gezielt nutzt. In ihrem Experiment verwenden sie ein aus vier Ionen bestehendes Quantensystem und ein Hilfs-Ion. Dieses einzelne Teilchen steht einerseits in einer maßgeschneiderten Wechselwirkung mit dem Quantensystem und andererseits ist es im Kontakt mit der Außenwelt. Damit können die Physiker dem System quasi vorschreiben, welche Quanteninformation erhalten und welche weggeworfen wird. In dieser Anordnung lassen sich durch die an sich störenden Umwelteinflüsse Quanteneffekte wie eine Verschränkung der vier Ionen gezielt erzeugen und verstärken.

"An Open-System Quantum Simulator with Trapped Ions" von Julio T. Barreiro et al.

Das Problem ist, dass die Forscher in den elektromagnetischen Fallen, in denen die Ionen gehalten werden, nicht beliebig viele Teilchen aneinanderreihen und gleichzeitig kontrollieren können, um die Rechenleistung zu vergrößern. Die theoretischen Physiker Ignacio Cirac vom Max Planck-Institut für Quantenoptik in München und Peter Zoller von der Uni Innsbruck und dem IQOQI entwickelten deshalb die Idee von vielen kleinen Registern, die mittels elektromagnetischer Koppelung miteinander kommunizieren.

Antennenwirkung durch Schwingung

Blatt und sein Team haben dies nun - gleichzeitig mit ihren schärfsten wissenschaftlichen Konkurrenten in den USA - im Labor realisiert. Sie halten die Ionen durch ein wellenförmiges elektromagnetisches Feld an ihrem Platz, wobei die Wellentäler - und damit die Teilchenpakete - 54 Mikrometer voneinander entfernt liegen.

Durch eine Spannung bringen die Wissenschaftler die Ionen zum Schwingen und "nutzen die dabei entstehende Antennenwirkung", so Blatt. Denn so wie eine stromdurchflossene Antenne elektromagnetische Wellen abstrahlt bzw. solche Wellen bei der Empfängerantenne einen Strom induzieren, senden die hin- und herschwingenden Ionen-Pakete Funkwellen aus, die von anderen Paketen als Signal aufgenommen werden.

Alltagstaugliche Quantentechnologie

Wenn die Schwingungsfrequenzen entsprechend angepasst werden, kommt es zur Koppelung und zum Energieaustausch zwischen den Paketen, über den die Quanteninformation übertragen wird. In ihrem Experiment konnten die Wissenschaftler nicht nur zeigen, dass auf diese Art und Weise Quanteninformation "gefunkt" werden kann. Sie demonstrierten auch, dass zusätzliche Ionen in den einzelnen Paketen die Reichweite und die Geschwindigkeit der Übertragung erhöhen.

"Die Vision, die wir haben, sind Oberflächenfallen mit zahlreichen solcher Ionen-Paketen, wo Quanteninformation zwischen den einzelnen Zellen auf einem Computerchip ausgetauscht werden", so Blatt. Dies wäre ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu alltagstauglichen Quantentechnologien für die Informationsverarbeitung.

science.ORF.at/APA

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