Standort: science.ORF.at / Meldung: "Bausteine des Lebens aus dem All"

Künstlerische Darstellung eines Meteoriteneinschlags auf der Erde.

Bausteine des Lebens aus dem All

Einfache, aber wichtige Moleküle des Lebens wie zum Beispiel jene der Erbsubstanz könnten möglicherweise aus dem Weltraum auf die Erde gelangt sein. Stickstoffverbindungen aus einem Meteoriten liefern nun einen weiteren Hinweis für diese These.

Erdgeschichte 01.03.2011

Leben aus dem All

Als deutsche und schwedische Forscher vor wenigen Jahren einige Tiere der Gattung der Bärtierchen den Orbit schossen, zeigte sich Erstaunliches: Zehn Tage lang trotzten die Tiere eisigen Temperaturen, Vakuum und kosmischer Strahlung. Manche der Bärtierchen konnten sich nach dem Abenteuer sogar noch fortpflanzen. Einen Ausflug ins All überlebten auch schon Bakterien des Heubazillus.

Gerichtete Panspermie?

Auch Nobelpreisträger und DNA-Pionier Francis Crick fand Gefallen an der Hypothese. Er hielt in einer gemeinsamen Publikation mit dem Chemiker Leslie Orgel sogar eine gerichtete Panspermie für möglich. Eine außerirdische Zivilisation hätte demzufolge Lebensformen auf Reisen geschickt.

Die beschriebenen Experimente versuchen keine geringere Frage zu beantworten, als jene, wie das Leben auf die Erde kam. Denn nach der Hypothese der Panspermie könnten einfach Lebensformen einst auf Meteoriten durch All gereist sein und hätten die Erde möglicherweise mit Leben geimpft.

Bausteine des Lebens

Doch man muss nicht so weit gehen wie die Anhänger der - nicht unumstrittenen - Panspermie, um Gedanken über das Entstehen des Lebens auf der Erde anzustellen. Es reicht auch, sich zu fragen, wie zum Beispiel die für das Leben notwendigen organischen Verbindungen entstanden sind. Entladungen in einer frühen Atmosphäre aus Wasser, Wasserstoff, Ammoniak, Methan, Kohlenmonoxid und Wasserdampf sind nur ein Weg dazu. Diesen haben Stanley Miller und Harold Clayton Urey in einem mittlerweile klassischen Experiment in den 1950er-Jahren im Labor simuliert.

Die Studie

"Abundant ammonia in primitive asteroids and the case for a possible exobiology" ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PNAS erschienen.

Die Bausteine des Lebens könnten aber auch woanders im All entstanden und mit einem Meteoriten auf die Erde gelangt sein. Hinweise dafür gibt nun eine Studie eines Teams von Chemikern um Sandra Pizzarello von der Universität Arizona in Tempe. Die Forscher untersuchten die Zusammensetzung eines Meteoriten, dessen Überreste gerade einmal einige Zentimeter groß und nur etwas mehr als hundert Gramm schwer sind.

Extraterrestrischer Stickstoff

Die schwarzen Brocken gehören zu einem Meteoriten mit dem Namen Graves Nunataks 95229. Er wurde 1995 in der Antarktis gefunden (Eintrag in der Meteoritendatenbank der Internationalen Gesellschaft für Meteorite und Planetenwissenschaft). Die Wissenschaftler pulverisierten einen Teil des Meteoriten und konnten daraus bei hoher Temperatur und hohem Druck in Wasser Ammoniak herauslösen, fanden aber auch andere organische Verbindungen wie zum Beispiel Aminosäuren, Aldehyde und Ketone.

Eine Analyse der Isotope der Stickstoffatome ergab, dass diese nicht von der Erde und damit nicht von Verunreinigungen stammen. Zumindest ein Teil der für das Leben notwendigen Stickstoffverbindungen könnte also mit Meteoriten auf die Erde gekommen sein.

Rätselhafte Substanz

Ö1 Sendungshinweise:

Der Ursprung des Lebens. Von den molekularen Ursprüngen zur riesigen Artenvielfalt: Ö1 Dimensionen, 1. März, 19:06 Uhr. Über die aktuelle Studie berichtete auch Ö1 Wissen aktuell am 1.3., 13:55 Uhr.

Graves Nunataks 95229 gehört zur Gruppe der sogenannten Kohligen Chondrite, einer Unterart der Steinmeteorite. Verglichen haben Pizzarello und ihr Team die Daten des Meteoriten mit jenen eines anderen aus dieser Gruppe: dem Murchison-Meteorit aus Australien. Er ist laut den Forschern der meistuntersuchte Kohlige Chondrit. Auch auf ihm wurden organische Verbindungen entdeckt.

Diese liegen in den Meteoriten meist in einer besonders resistenten Form vor, nämlich als schwer lösliches, organisches Material. Da sich die Substanz nicht in Lösungsmitteln löst, ist relativ wenig über ihre Zusammensetzung bekannt. Neu ist nun, dass die Substanzen - wie der bei Graves Nunataks 95229 gefundene Ammoniak - relativ leicht wasserlöslich sind. Meteoriten des untersuchten Typs dürften laut den Forschern früh auf der noch jungen Erde eingeschlagen sein und damit eine molekulare Evolution vor Beginn des Lebens gefördert haben.

Mark Hammer, science.ORF.at

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