Das geht aus einem 900 Seiten umfassenden Report des Weltklimarates IPCC hervor, dessen Hauptergebnisse an diesem Montag in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten veröffentlicht wurden. Für den Report haben 120 Forscher den Stand der Literatur zusammengefasst.
Derzeit 85 Prozent aus fossilen Rohstoffen
Der Bericht
"Special Report on Renewable Energy Sources and Climate Change Mitigation" ist auf der Website des IPCC erschienen.
Die fossilen Rohstoffe Kohle, Öl und Gas stellten laut IPCC nach jüngsten verfügbaren Daten von 2008 rund 85 Prozent der genutzten Energie bereit, die Atomkraft lag bei zwei Prozent. Die Erneuerbaren Energien boten insgesamt knapp 13 Prozent.
Knapp die Hälfte davon (sechs Prozent) entfallen allerdings auf traditionelle Holz- und Dungverbrennung, rund vier Prozent auf effizientere Bio-Energie wie moderne Holzschnitzelanlagen und Biotreibstoff. Es folgen Wasserkraft (2,3 Prozent), Windkraft (0,2 Prozent), Solarenergie und Erdwärme (je 0,1 Prozent) sowie Meeresenergie (0,002 Prozent).
Ganz ohne Kohle, Gas und Erdöl geht es nicht
Die modernen erneuerbaren Energien werden laut Report immer günstiger und haben starke Zuwachsraten. Der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) hat 164 Zukunftsszenarien berechnet, die verschiedene politische und wirtschaftliche Ausgangsdaten hatten und vier beispielhafte davon genauer analysiert.
Das Ergebnis: Auch in rund 40 Jahren kann die Menschheit nicht völlig auf Kohle, Gas und Erdöl verzichten. Je nach Unterstützung durch Politik und Wirtschaft können die Erneuerbaren Energien 2050 einen Anteil von bis zu 77 Prozent erreichen.
Kosten: Ein Prozent des Welt-Bruttosozialprodukts
Ö1 Sendungshinweis
Über den IPCC-Report berichten auch die Ö1 Journale, am 9.5..
In den vier beispielhaften Szenarien gingen die Forscher für den Zeitraum 2011 bis 2020 von Investitionen in Höhe von 1.360 bis 51.00 Milliarden US-Dollar (949 bis 3562 Mrd. Euro) aus. Für das folgende Jahrzehnt waren es 1.490 bis 7.180 Milliarden US-Dollar (1.041 bis 5.014 Mrd. Euro). Das Geld müsse aus einem weiten Spektrum an Finanzquellen von Politik und Wirtschaft kommen.
Laut IPCC werden die Kosten für die erneuerbaren Energien jedoch nicht höher sein als ein Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes. Derzeit würden die künftigen Gewinne der erneuerbaren Energien oftmals zu wenig in die Kalkulationen einbezogen. Zudem würden die "Nebenkosten" der fossilen Energien wie Erderwärmung und Gesundheitsschäden zu gering angesetzt.
Greenpeace: "Keine grundsätzlichen Probleme"
"Der Report zeigt, dass es wissenschaftlich keine Probleme gibt, die Welt mit alternativen Energien zu versorgen", sagte Mitautor Sven Teske von Greenpeace International. "Technisch könnten die 560 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Kohlendioxid mit Erneuerbaren Energien eingespart werden, die wir brauchen, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen", sagte er mit Blick auf den Jahresausstoß 2050. Daneben müsse die Waldzerstörung zurückgehen, die zu rund 20 Prozent zum Kohlendioxidausstoß beiträgt. Die Windenergie sei in einigen Regionen schon so günstig wie die herkömmliche Stromversorgung.
"Der Weltklimarat hat hervorragende Arbeit geleistet, beides herauszustellen: die großen Herausforderungen und die noch viel größeren Chancen und Gewinne für alle Nationen durch Erneuerbare Energien", sagte Stephan Singer von der Umweltstiftung WWF. Der Weltklimarat zeige die mögliche Kostenreduktion der Erneuerbaren ebenso auf wie die Möglichkeit für neue Jobs. "Der Report ist ein Meilenstein auf dem Weg zu 100 Prozent erneuerbare Energien."
Tauziehen um Endbericht
Vertreter von mehr als 100 Ländern hatten von Donnerstag bis Montag um jeden Satz der 30-seitigen Zusammenfassung des Reports für Politiker gerungen, bevor sie verabschiedet wurde. Insbesondere Brasilien sowie die Ölstaaten Saudi Arabien und Katar hatten nach Angaben von Greenpeace die Verhandlungen immer wieder verzögert und Kernaussagen des Reports in der Kurzfassung für Politiker verwässert.
Dass der Report gerade in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate verabschiedet wurde, ist kein Zufall. Der Staat strenge sich sehr an, seinen Energiemix zu verändern, und sei dabei, eines der führenden Länder im Bereich saubere Energie zu werden, sagte der Politische Direktor der Emirates Wildlife Society, Tanzeed Alam.
Die Ökostadt Masdar unweit von Abu Dhabi soll Brutkasten für alternative Energietechnik und klimaneutral werden. Auch Siemens ist an ihrem Bau beteiligt. Zudem hat die Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) ihren Sitz in dem Wüstenstaat.
science.ORF.at/dpa
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