Damit findet eine uralte Tradition ihre neurologische Rechtfertigung, schreiben die Neurowissenschaftler Sophie Schwartz und Michel Muhlethaler von der Universität Genf in einer aktuellen Studie.
Die Studie:
"Rocking synchronizes brain waves during a short nap" erscheint am 21. Juni 2011 im Journal "Current Biology".
In den Schlaf wiegen
"Leichtes Schaukeln lässt Menschen besser schlafen" - diese Behauptung hört man zwar oft, der endgültige Beweis fehlte aber bisher. Indizien gibt es freilich zahlreiche: Man denke nur an die zahllosen Mütter und Väter, die mit ihren kleinen Kindern am Arm wippend herumwandern und hoffen, dass das Wiegen zur Beruhigung beiträgt. Um Muskelkraft zu sparen, gehören in vielen Familien Wiegen oder Babyhängematten zur "Grundausstattung". Aber auch Erwachsene sehnen sich in stressigen Momenten nach der zwischen zwei Palmen aufgespannten Hängematte.
Der Beweis, dass eine wiegende Bewegung tatsächlich zu mehr Entspannung beiträgt, ist nun Schweizer Neurowissenschaftlern gelungen. Sie zeichneten mit Hilfe von Elektroenzephalografie (EEG) auf, was im Gehirn passiert, wenn Erwachsene sanft in den Schlaf geschaukelt werden.
In den besseren Schlaf geschaukelt
Diesen Versuch der angenehmen Art führten die Forscher an zwölf Männern durch, die zu einem Mittagsschläfchen von 45 Minuten eingeladen wurden. Ein Teil machte ihr Nickerchen in einem verdunkelten Raum in einem "normalen" Bett, ein Teil in einer motorbetriebenen Hängematte, bei beiden wurde die Gehirnaktivität mittels EEG überprüft.
Es zeigte sich: Alle Versuchspersonen, die geschaukelt wurden, schliefen durch die Bank schneller ein. Aber auch die Schwingungen im Gehirn veränderten sich: Der sogenannte N2-Schlaf, ein Teil des Non-REM-Schlafs, verlängerte sich. Der N2-Schlaf bereitet den Weg zum Tiefschlaf und ist für die Entspannung besonders wichtig. Gleichzeitig treten deutlich mehr Schlafspindeln, die schlafstabilisierend wirken sollen, und langsame Schwingungen auf - der Schlaf wird demnach tiefer und damit auch erholsamer. Das empfanden auch die Versuchspersonen selbst so: Acht fühlten sich nach dem Nickerchen in der Hängematte erholter, nur einer bevorzugte das unbewegliche Bett.
Wirkung im Gehirn
Wie lässt sich diese Wirkung des Schaukelns nun rein neurologisch erklären? Zum einen könnte es sein, dass die Amygdala von der entspannenden Wirkung angesprochen wird, die ihrerseits wiederum bei der Schlafregulation eine wichtige Rolle spielt, erklären Sophie Schwartz und ihre Kollegen. Zum anderen könnte das leichte Schaukeln eine ständige Stimulation bestimmter Gehirnregionen darstellen, was wiederum die Entstehung von Schlafspindeln erleichtert - und die schützen wiederum vor ungewolltem Aufwachen, wie Versuche gezeigt haben.
Im nächsten Schritt wollen die Schweizer Forscher herausfinden, ob die beruhigende Wirkung des Schaukelns auch für die Behandlung von Schlafstörungen genutzt werden kann. In jedem Fall haben sie ein weiteres gutes Argument geliefert, sich an anstrengenden Tagen für ein Nickerchen zwischendurch in die Hängematte zu legen.
Elke Ziegler, science.ORF.at