In Frankreich heißt es "Pierre-feuille-ciseaux", in Schweden "Sten-sax-påse" und in Japan nennen sie es "Jan-ken-pon". "Schere, Stein, Papier" wird auf der ganzen Welt gespielt - die Regeln sind überall gleich:
Man zählt bis drei, dann strecken die beiden Kontrahenten gleichzeitig ihre Hand aus und bilden eines von drei möglichen Symbolen. Die Faust ist der Stein, ausgestreckte Zeige- und Mittelfinger stehen für die Schere und die flache Hand stellt das Papier dar. Jedes Symbol gewinnt oder verliert einmal, die Auszahlungsmatrix ist symmetrisch, wie das die Spieltheoretiker nennen: Stein macht Schere stumpf, Schere schneidet Papier und Papier wickelt Stein ein.
Die Studie:
"Automatic imitation in a strategic context: Players of Rock-Paper-Scissors imitate opponents’ gestures", Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences (doi: 10.1098/rspb.2011.0816; pdf derStudie).
Was das mit Wissenschaft zu tun hat? Nun, Richard Cook vom University College London hat dem Spiel nun eine Studie gewidmet. Nicht unbedingt, weil er endlich in der Uni-Cafeteria bei "Rock-paper-scissors" triumphieren will, sondern weil er sich für das menschliche Verhalten interessiert. Genauer: für die dem menschlichen Verhalten eingeschriebenen Automatismen.
Unentschieden zu häufig

mothoma - Fotolia.com
Handhaltung, schulmäßig
Cook bat 45 Probanden in sein Labor und ließ sie in Zweiergruppen gegeneinander antreten: einmal in einer Blindvariante des Spiels (keiner konnte sehen, welches Symbol vom Gegenspieler gewählt wurde), einmal in einer halbblinden (A konnte sehen, was B tut, aber B nicht, was A tut).
Erwartungsgemäß betrug der Anteil der Unentschieden (gleiches Symbol) in der Blindvariante genau ein Drittel, in der halbblinden Situation indes war das Ergebnis verzerrt: Die Unentschieden traten signifikant häufiger auf. Das ist insofern bemerkenswert, als Cook per Auszahlung von Gewinnbeträgen sicherstellte, dass die Probanden Unentschieden vermeiden wollten, weil es ansonsten kein Bares gab.
Cooke vermutet, dass hier ein im Unbewussten verankertes Mimikry-System am Werk ist, das man bereits aus anderen Situationen kennt. Etwa aus dem Wartezimmer in Arztpraxen: Wenn ein Patient einen Raum betritt, in dem eine mit dem Fuß wippende Person sitzt, dann ist es wahrscheinlich, dass der oder die Hinzugekommene früher oder später ebenfalls mit dem Wippen beginnt.
Ähnliches gilt für "ansteckende" Gesten, oder auch für Sprechweisen, Mimiken und Manierismen, die wir von unseren Freunden übernehmen, freilich meist ohne uns dessen bewusst zu sein: Kommunikation ist gar nicht so frei, wie sie auf den ersten Blick zu sein vorgibt, sie besteht zu keinem geringen Teil aus Imitation und Angleichung.
Imitationsmaschine im Gehirn
Wie man seit den 1990er Jahren weiß, besteht die verantwortliche Imitationsmaschine aus sogenannten Spiegelneuronen im Hirn. Sie reagieren gleichermaßen auf aktiv ausgeführte Handlungen, Handbewegungen etwa, wie auch auf Beobachtung der gleichen Handlungen bei Dritten.
Ö1 Sendungshinweis:
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 20.7., 13:55 Uhr.
Cook zufolge sind im Gehirn des Probanden A die Spiegelneuronen aktiv geworden, wenn Spieler B sich um Sekundenbruchteile früher für ein Symbol entschied. Und diese Aktivität habe A wiederum dazu veranlasst, ebenfalls dieses Symbol zu wählen. Nicht immer, aber immerhin so oft, dass die statistische Auswertung ergab: überzufällig.
Die Verzerrung gilt übrigens nicht für alle drei Symbole gleichermaßen. Am stärksten tritt der Effekt bei der Schere auf, etwas schwächer ist er beim Stein ausgeprägt, beim Papier fehlt er gänzlich. Cook vermutet, dass die Pointiertheit der Bewegungen damit zu tun haben könnte. Die Papier-Geste sei möglicherweise nicht so schnell oder gut wie die anderen erkennbar.
Intuitiv haben das versierte Spieler vielleicht schon längst erkannt. Bei den Schere-Stein-Papier-Weltmeisterschaften (ja tatsächlich, es gibt Meisterschaften) wird das imitationsanfälligste Symbol am seltensten gewählt. Die Schere kommt laut Statistik nur auf 29,6 Prozent.
Robert Czepel, science.ORF.at
Mehr zu diesem Thema: