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Skyline einer asiatischen Großstadt

Die Megacities der Zukunft

Die Globalisierung hat die Städte verändert. Wichtige Geschäftsstädte bestimmen die globale Entwicklung und werden immer attraktiver für die Mitglieder hoher Einkommensschichten. Aber die Globalisierung reicht auch über die großen Städte der Welt hinaus und führt zu sogenannten polyzentrischen Megacity-Regionen.

Stadtplanung 01.08.2011

Diese Megacity-Regionen sehen nur auf den ersten Blick überall auf der Welt gleich aus. Was westliche Metropolen von jenen Chinas unterscheidet und wie Wirtschaftskrisen mit dem Immobiliensektor zusammenhängen, erklärt die englische Stadtplanerin Kathy Pain im Interview.

science.ORF.at: Wie wirkt sich Globalisierung auf Städte aus?

Porträt Kathy Pain

Kathy Pain

Kathy Pain ist Geografin, Stadtplanerin und ALDAR-Professorin für Immobilienentwicklung an der Universität Reading. Sie ist auch Mitglied am Royal Town Planning Institute, einem Ableger der Royal Geographical Society und Direktorin des Globalization and World Cities Research Network.

Kathy Pain: Die ökonomische Globalisierung hat die Urbanisierung durch die Migration in Städte in den sich entwickelnden Teilen der Erde massiv verstärkt. Die hohe Attraktivität von Städten wie London und New York für eine erfolgreiche ökonomische Schicht dehnt sich nun auf viele andere Städte aus.

Große Teile der Primär- und Sekundärproduktion liegen außerhalb von Städten. In den Städten konzentrieren sich viele politische Kräfte, die bestimmen, wie sich die Wirtschaft entwickelt und die die Globalisierung vorantreiben.

Was bedeutet es, wenn sich die Attraktivität auf weitere Städte ausweitet?

Wir haben uns das Konzept der polyzentristischen urbanen Regionen für die wirtschaftlich stark entwickelte Region in Nordwesteuropa angesehen. Hier wurde dieses Konzept zum ersten Mal diskutiert, vor allem im Zusammenhang mit dem europäischen Raumentwicklungskonzept. Wir haben uns angesehen, welchen Effekt die Globalisierung der Städte in Nordwesteuropa auf ihre umliegenden Regionen hat. Die Regionen unterschieden sich stark in ihren Strukturen, auch innerhalb Nordwesteuropas.

Was ist das Spezielle an den europäischen Regionen und wodurch unterscheiden sie sich von anderen Megacity-Regionen?

Die erwähnte Polynet-Studie lief in den Jahren 2003 bis 2006.

Während die physische Entwicklung dieser Regionen in allen Teilen der Welt ähnlich aussieht, haben europäische Regionen einen ausgeprägten, fortgeschrittenen Dienstleistungssektor: Banken und Finanzwesen, juristische und andere Dienstleister. Ein typisches Beispiel ist London, wo viele Dienstleistungsfunktionen nicht nur in London konzentriert sind, sondern auch in kleineren Städten der Region South East England. Im Yangtse-Delta hingegen überwiegen eher Produktionsbetriebe.

Nähern sich chinesische Städte den westlichen in der ökonomischen Struktur an?

Technologiegespräche in Alpbach

Von 25. bis 27. August finden im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach die Technologiegespräche statt, organisiert vom Austrian Institute of Technology (AIT) und der Ö1-Wissenschaftsredaktion. Das Thema heuer lautet "Technologie als Chance - Verantwortung für die Zukunft".

Davor erscheinen in science.ORF.at regelmäßig Interviews mit den bei den Technologiegesprächen vortragenden oder moderierenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Kathy Pain nimmt am 26. August am Arbeitskreis "Urban Europe, Urban Technologies - Die Stadt im 21. Jahrhundert" teil.

Weitere Beiträge zu den Technologiegesprächen 2011:

Beiträge zu den bisherigen Technologiegesprächen

China entwickelt sich mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit. Führende Städte im Dienstleistungssektor wie Schanghai und Peking entwickeln sich rasant. Das wird auch die ökonomische Struktur der umgebenden Regionen in Zukunft verändern. Die Chinesen sind sich bewusst, wie wichtig der Dienstleistungssektor ist.

Experten für die Region sind überzeugt, dass sich das Gebiet um das Gelbe Meer mit Japan, Korea und China zu einer gewaltigen funktionalen Megacity-Region entwickeln wird, in der Transportlösungen und Politikkooperationen benötigt werden, um Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit über die Grenzen hinweg zu fördern.

Wie sollte die Stadtplanung mit all diesen Entwicklungen umgehen?

Es braucht eine strategische Perspektive, die nicht nur auf die regionale und nationalstaatliche Ebene ausgerichtet ist, sondern auch auf die internationale. In der Europäischen Union wird Regionalplanung immer noch als sehr wichtig angesehen. Aber in Großbritannien erleben wir gerade, wie regionale und wirtschaftliche Planungseinrichtungen abgeschafft werden. Wir erleben hier eine Metamorphose der Planungspolitik und müssen die Situation sehr genau beobachten, um uns in Zukunft anpassen zu können.

Die letzte Wirtschaftskrise wurde durch eine Blase am Immobiliensektor ausgelöst. Hätte Stadtplanung die Krise verhindern oder abschwächen können, wenn sie anders reagiert hätte?

Ö1-Sendungshinweis

Mit Architektur befasst sich die Sendung Dimensionen am 8. August 2011: Gebäude für die Zukunft. Architektur und Philosophie, 19:05. Von Klaus Englert.

Im European Spatial Planning Observation Network untersuchen wir die Beziehung zwischen der Finanzkrise und der Art, wie Banken und der Finanzsektor Städte und weltweite Investitionen in den Immobiliensektor nutzen. Wir schauen uns an, wie sie das vor und während der Krise getan haben. Es ist noch zu früh, um Antworten beantworten zu können, ob Planungspolitik hier eine präventive Rolle hätte spielen können.

Eigentum ist aber immer von Finanzkrisen betroffen. Die Finanzierung im Immobiliensektor hat eher mit der Wirtschaftskrise zu tun, als Stadtplanung. Die Änderungen im Planungssystem und die Kurzfristigkeit von Planungsprozessen führen aber zu einem Verlust an Sicherheit für viele Entwickler und zu systemischen Risiken. Planung spielt eine entscheidende Rolle, um stabile Rahmenbedingungen im Immobiliensektor zu schaffen.

Interview und Übersetzung: Mark Hammer, science.ORF.at

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