Die hauchdünnen, flexiblen Materialien befinden sich zwischen zwei Schutzschichten, haften eng an der Haut und passen sich Bewegungen an.
Die Idee für die Zukunft ist, Krankenhauspatienten bei langwierigen Messungen, etwa der Funktion des Herzens oder des Gehirns, eine Verkabelung mit größeren Geräten zu ersparen.
Die Studien:
"Epidermal Electronics" von Dae-Hyeong Kim und Kollegen bzw. "An Electronic Second Skin" von Zhenqiang Ma sind in "Science" erschienen.

John A. Rogers
Das Briefmarken-große Elektro-Tattoo ist nur 50 Mikrometer dick, weniger als ein Menschenhaar.

J. Rogers, University of Illinois
"Es ist eine Technologie, die die Unterscheidung zwischen Elektronik und Biologie verschwimmen lässt", sagte der Materialforscher John A. Rogers von der Universität von Illinois in Urbana. Gemeinsam mit Dae-Hyeong Kim und Kollegen haben sie das "Elektro-Tattoo" in einer Studie vorgestellt.
Für EKG, EEG und Muskelmessung
Das "epidermal electronic system", wie die Forscher das Häutchen nennen, war nach Eigenangaben am Arm, Nacken, Stirn, Wange oder Kinn für bis zu 24 Stunden und mehr einsatzfähig. Das Team unternahm Tests und ließ beispielsweise die elektrische Aktivität des Herzens mit Hilfe des Mini-Messgeräts aufzeichnen, ähnlich einem Elekrokardiogramm (EKG).
Die aufgezeichneten Werte hätten denen entsprochen, die zeitgleich mit "herkömmlichen" Methoden gemessen wurden, hieß es. Auch klebten die Forscher das "Elektro-Tattoo" auf die Haut am Hals und zeichneten die Aktivität der Muskeln auf, wenn verschiedene Wörter gesprochen wurden. 90 Prozent der Wörter konnten sie nach Eigenangaben durch diese Analyse korrekt ermitteln.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit könnte in der Kontrolle von Gehirnaktivitäten liegen. Eine hautenge "Elektro-Perücke" wäre nicht nur leichter zu tragen als heute übliche EEG-Messinstrumente, sondern würde auch eine natürlicheres Verhalten ihrer Träger erlauben.
Sensoren, Transmitter, Leuchtdioden u.a.
Die Übermittlung der Signale lief bei der Elektrohaut bisher über feine Kabel, der Schwerpunkt der Forschung lag zunächst auf der Entwicklung geeigneter Materialien. "Diese Arbeit beginnt wirklich erst", sagte Rogers. Forschung zur kabellosen Informationsübertragung und Energieversorgung des winzigen Messgeräts - etwa via Solarzellen oder drahtlosen Magnetspulen - sollen folgen.
Bestandteile der Mini-Elektronik sind wellenförmig angelegt und sitzen demnach auf elastischem Polyester, das mechanischen Eigenschaften der Haut entspricht und dieser anhaftet. Zum System gehören unter anderem Sensoren, Transmitter, Leuchtdioden und Solarzellen. Die Forscher klebten die Messgeräte auch mit Hilfe eines abziehbaren Piraten-Tattoos auf die Haut (siehe Bild links).
Video der Forscher zur Funktionsweise des Elektro-Tattoo (11 MB):
Zukunftsaussichten
Ö1 Sendungshinweis:
Über das Elektro-Tattoo berichtet auch Wissen Aktuell am 12.8. um 13:55.
Ursprünglich wurde die Technik für die Robotik entwickelt, heißt es in einem Begleittext in "Science". Drucksensoren auf den Häutchen sollten zum Beispiel Signale übertragen, um etwa Greifarmen zu übermitteln, wie fest sie zugreifen dürfen. Somit könnte das "Elektro-Tattoo" womöglich auch bei Prothesen zum Einsatz kommen.
Neben diesen Zukunftsaussichten wollen die Forscher verstärkt an einer besseren Energieversorgung der elektronischen Haut arbeiten. Für länger dauernden Gebrauch wird es auch nötig sein, mit dem Schweiß der echten Haut und ihren ständig absterbenden Zellen an der Oberfläche zurande zu kommen.
science.ORF.at/dpa
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