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Ein Mann küsst ein Stück rohes Fleisch

Steinzeitdiät findet immer mehr Anhänger

Frisches Obst, Eier und jede Menge Fleisch - das sind die Grundlagen der Steinzeitdiät, die in den USA immer mehr Anhänger findet. Gegessen werden dabei nur Nahrungsmittel, von denen sich bereits unsere steinzeitlichen Vorfahren ernährten, bevor sie sesshaft wurden.

Ernährung 05.10.2011

Aus Getreide gewonnenes Essen, Zucker oder Alkohol sind demnach ebenso tabu wie Milchprodukte.

Die Befürworter sehen die Urkost als wirksamen Schutz gegen Zivilisationskrankheiten wie Herzleiden, Übergewicht und Diabetes. Skeptiker halten dagegen, dass sich die Ernährungsgewohnheiten der Jäger und Sammler von vor 20.000 Jahren nicht auf die heutige Zeit übertragen lassen.

"Low Carb" in den Genen?

Die Paläodiät wird von einigen Wissenschaftlern und Fitness-Gurus geschätzt. "Vor zehn Jahren war das noch eine absurde Idee, aber in den vergangenen zwei bis drei Jahren ist sie weltweit bekannt geworden", sagt Loren Cordain von der Colorado State University. Millionen Menschen würden sich mittlerweile wieder wie Steinzeitmenschen ernähren, ein halbes Dutzend Ratgeberbücher zu dem Thema hätten es in die Bestseller-Listen geschafft.

Die Theorie der Steinzeitdiät beruht auf der Annahme, dass die kohlenhydratarme Urkost Gesundheit und Gehirnfunktionen des frühen Homo sapiens gestärkt und somit die Entwicklung zum modernen Menschen begünstigt habe. Die Anhänger dieser Ernährungslehre verweisen darauf, dass das menschliche Erbgut seit der Steinzeit weitgehend unverändert - und die menschliche Präferenz für viel Fleisch somit in den Genen verankert ist.

Verweis auf Studien

Cordain, der ein Buch über die Paläodiät verfasst hat, sagt, dass die wissenschaftliche Forschung die Vorzüge dieser Ernährungsweise bestätigt habe. Eine in der Fachzeitschrift "Journal of Diabetes Science and Technology" veröffentlichte Studie etwa sieht als Folge der Steinzeit-Speisen verbesserte Blutzuckerwerte und ein vermindertes Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Laut einer schwedischen Untersuchung, erschienen in der Fachzeitschrift "Journal Nutrition and Metabolism", sättigt die Urkost pro Kalorie sogar besser als die als besonders gesund geltende Mittelmeerdiät und beugt damit Übergewicht vor.

Einige positive Aspekte der Steinzeitdiät sind weitgehend anerkannt, etwa die Ablehnung von industriell verarbeiteten Lebensmitteln und die Bevorzugung von frischen Früchten, Gemüse und Nüssen. Umstritten ist dagegen der Verzicht auf die meisten Getreideprodukte und Milch bei gleichzeitiger Präferenz für proteinreiche Fleisch- und Fischgerichte.

Lebenserwartung von 25 Jahren

In einer Umfrage der Zeitung "U.S. News & World Report" unter Ernährungswissenschaftlern schnitt die Urkost schlecht ab. Das Blatt betonte, dass bei der Steinzeitdiät nur 23 Prozent der Kalorien von Kohlenhydraten stammten - deutlich weniger als die 45 bis 65 Prozent, die von der US-Regierung empfohlen würden. Zugleich würden die Werte für Proteine und Fette die Empfehlungen übersteigen.

Marion Nestle, Ernährungswissenschaftlerin an der New York University, hält die Paläo-Diät für nicht an die sesshafte Lebensweise des modernen Menschen angepasst. Außerdem bezweifelt sie, dass in der Steinzeit tatsächlich die Hälfte der Kalorien durch den Konsum von Fleisch aufgenommen worden seien, wie von Anhängern dieser Ernährungsweise behauptet wird.

"Das ist schwer zu bestätigen", sagt Nestle. Schließlich habe die Lebenserwartung der Menschen in der Steinzeit nur rund 25 Jahre betragen. Die Ernährung, neben den anderen Lebensumständen, sei also "alles andere als ideal" gewesen.

Steinzeit in der Gegenwart

Cordain hält dagegen, dass auf der Erde noch immer Urvölker existierten, die unter ähnlichen Bedingungen wie in der Steinzeit lebten. In diesen Gesellschaften würden ältere Menschen nicht unter Zivilisationskrankheiten wie Fettleibigkeit, hohen Cholesterinwerten und zu hohem Blutdruck leiden.

"Wenn diese Menschen aber westliche Ernährungsformen annehmen, dann verschlechtert sich ihre Gesundheit", sagt er.

science.ORF.at/APA/AFP

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