Megavirus chilensis, wie es eine Forschergruppe um den Genetiker Jean-Michel Claverie vom französischen Wissenschaftszentrum CNRS getauft hat, ist mit 0,7 Mikrometer nicht nur das größte bisher entdeckte. Es ist mit seinen über 1.100 proteinkodierenden Genen auch Rekordhälter in Sachen Vielfalt.
Die Studie:
"Distant Mimivirus relative with a larger genome highlights the fundamental features of Megaviridae" von Defne Arslan und Kollegen ist in der Fachzeitschrift "PNAS" erschienen.

Defne Arslan et al. PNAS
Das Megavirus unter dem Mikroskop; rechts unten die Vergrößerung der haarähnlichen Strukturen
Mimi- und Mamavirus sorgten für Verwirrung
Als bisherige Spitzenreiter galten die in den vergangenen Jahren entdeckten Vertreter von Mimivirus und Mamavirus (mehr dazu). Was so lieblich klingt, hat die Biologen ziemlich beschäftigt, da mit den beiden Viren traditionelle Lehrmeinungen ins Wanken gerieten.
Viren gelten nämlich gemeinhin nicht als Lebewesen, da sie sich nicht selbst reproduzieren können, sondern auf die Hilfe von Wirtszellen angewiesen sind. Das 1992 entdeckte Mimivirus enthält aber auch Gene, die man bis dahin als typisch für zelluläre, sich selbst vermehrende Lebewesen gehalten hat.
Da es deshalb anfangs mit einem Bakterium verwechselt wurde, haben es die Forscher später auch "mimicking microbes"(mimi)-Virus genannt. Die Grenzen zwischen Viren und Lebewesen wurden durch diese Entdeckung ein wenig unschärfer.
Befallen Amöben
Das nun entdeckte Megavirus chilensis ist ein entfernter Verwandter des Mimivirus und ebenfalls größer als so manches Bakterium. Beide verfügen über Fibrillen auf der Außenseite ihrer Körper: haarähnliche Strukturen, die Amöben auf ihrer Jagd nach - ebenfalls haarigen - Bakterien anziehend finden.
Im Labor gelang es den Forschern um Jean-Michel Claverie, Amöben künstlich mit den Viren zu infizieren. Diese bildeten daraufhin "trojanische Organellen" aus, die wiederum für die Reproduktion der Viren sorgten. Für den komplexen Vorgang ist offenbar das große Erbgut vonnöten.
Das Megavirus wurde in Wasserproben bei Amöben der Art Acanthamoeba castellanii an der Pazifikküste Chiles nahe dem Ort Las Cruces entdeckt. Die Forscher glauben aber nicht, dass es sich dabei um den eigentlichen Wirt der Viren handelt. Der Mensch ist es im Übrigen auch nicht, das Virus stellt laut den Forschern für uns keine Gefahr dar.
science.ORF.at
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