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Regenwald und blauer Himmel

Immer mehr Stickstoff in den Regenwäldern

Nicht nur das viel diskutierte Kohlendioxid hat Auswirkungen auf die Regenwälder, auch die erhöhte Abgabe von Stickstoff sorgt für Veränderungen in der - nur scheinbar unberührten - tropischen Natur. Wie Wiener Forscher an Wäldern in Panama und Thailand nachgewiesen haben, stieg die Stickstoffkonzentration in den Blättern seit 1960 stark an.

Ökologie 04.11.2011

Außerdem ist der Stickstoffkreislauf in diesen Wäldern weniger in sich geschlossen als früher, berichtet Peter Hietz von der Boku in einer Studie.

Verschiebung des Artenspektrums

Die Studie:

"Long-Term Change in the Nitrogen Cycle of Tropical Forests" ist in "Science" erschienen.

"Das hat viele Konsequenzen, die wir noch schwer abschätzen können", so Hietz im Gespräch mit der APA. Stickstoff hat einen starken Düngeeffekt, was aber auch negative Folgen haben kann. So kommt es zumindest im gemäßigten Klima zu einer Artenverschiebung - hin zu wenigeren Arten, die mehr Stickstoff benötigen - und insgesamt zu einer Abnahme der Artenzahl. "Ob das in tropischen Gegenden auch so ist, lässt sich nicht sagen", so Hietz.

Klimatische Effekte

Klar ist, dass die "Öffnung" des bisher eher geschlossenen Stickstoffkreislaufs - im Gegensatz zu CO2 wird Stickstoff großteils innerhalb des Ökosystems freigesetzt und wieder aufgenommen - auch Auswirkungen auf die Klimaerwärmung haben kann. Weil in die Kreisläufe der Regenwälder nun von außen (vor allem durch Faktoren wie Düngung in der Landwirtschaft oder die Verbrennung fossiler Brennstoffe) mehr Stickstoff dringt, wird er auch wieder an die Umwelt zurückgegeben: Ein Teil dringt als Nitrat ins Grundwasser, ein anderer entweicht gasförmig in die Atmosphäre - unter anderem als Lachgas, das als Treibhausgas 300-mal so stark wirkt wie CO2.

Dass sich die Stickstoffemission in den vergangenen 35 Jahren mehr als verdreifacht hat, war bekannt. Dass dabei Effekte auf einzelne Wälder entstehen, wurde nun durch die Analyse von Herbarbelegen und Jahresringen erstmals gezeigt. Das ist auch ein Beitrag zu der "langen Diskussion darüber, was die Ursachen für die beobachteten Veränderungen in tropischen Wäldern sind", erklärt Hietz. Die Biomasse der scheinbar unberührten Wälder nimmt zu, gleichzeitig wachsen und sterben die Bäume schneller.

Neue Umweltdebatte

Als Hauptgrund wird von vielen die steigende CO2-Emission gesehen. "Jetzt ist auch der Stickstoff ein wesentlicher Teil der Debatte", so Hietz. Denn Stickstoff ist jenes Nährelement, das am stärksten mit dem Pflanzenwachstum zu tun hat - es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Stickstoffkonzentration und Photosyntheserate. Negative Folgen des erhöhten Stickstoffeintrages in unseren Breiten sind lange bekannt, welche unmittelbaren Folgen durch die Steigerung in tropischen Wäldern entstehen, ist bisher aber weithin unklar.

In jedem Fall zeigen die Ergebnisse: "Unberührt und entlegen ist nichts mehr." Die Forderung, "an allen Schrauben zu drehen, um die Stickstoffkreisläufe stärker zu schließen", werde von Umweltforschern allerdings schon lange erhoben.

science.ORF.at/APA

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