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Ein Geschäftsmann unterschreibt einen Vertrag

Leistungsvereinbarung für die Akademie

Erstmals wird es - wie für die Universitäten schon üblich - auch für die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eine Leistungsvereinbarung mit dem Bund geben. Während der Wissenschaftsminister die Planungssicherheit lobt, befürchtet der Betriebsrat Kündigungen.

Forschungspolitik 04.11.2011

==Betriebsrat befürchtet Institutsschließungen und Kündigungen==
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) und ÖAW )-Präsident Helmut Denk unterschrieben heute einen entsprechenden Vertrag für die Jahre 2012 bis 2014. Während Töchterle bei einer Pressekonferenz die Planungs- und Finanzierungssicherheit für die Akademie hervorhob, wies Denk auf die damit einhergehende "reale Kürzung" hin. Laut ÖAW-Betriebsrat sind Institutsschließungen und Kündigungen vorgesehen.

Für Töchterle bietet die Leistungsvereinbarung den Vorteil einer "klaren, wenn auch losen Steuerung und Verantwortung". Ziel sei einerseits eine nachhaltige Finanzierung, aber auch eine "Durchforstung und Straffung der gesamten Einrichtungen der Akademie" sowie eine "möglichst optimale Nutzung aller Ressourcen".

40 Millionen Euro Lücke

Denk begrüßte grundsätzlich den Abschluss der Leistungsvereinbarung, aufgrund der "realen Kürzung" habe es aber auch "Bedenken" in den Akademie-Gremien gegeben. Der ÖAW-Chef bezifferte die "Deckungslücke" in den kommenden drei Jahren mit 38 bis 40 Millionen Euro, die sich aufgrund von Verpflichtungen aus der Vergangenheit und der Erhöhung von Personalkosten ergebe. Insgesamt erhält die ÖAW 2012 bis 2014 ein Globalbudget in Höhe von rund 224 Millionen Euro. Dazu kommen noch verschiedene Budget-Posten für Stipendien- und internationale Programme, Beitragszahlungen und Mitgliedschaften.

In der Leistungsvereinbarung wurden sechs Forschungsgebiete festgelegt, in denen die ÖAW künftig schwerpunktmäßig arbeiten soll. Dabei handelt es sich um "Europäische Identitäten sowie Wahrung und Interpretation des kulturellen Erbes", "Demographischer Wandel, Migration und Integration von Menschen in heterogenen innovativen Gesellschaften", "Biomedizinische Grundlagenforschung", "Molekulare Pflanzenbiologie", "Angewandte Mathematik inklusive Modellierung und Bioinformatik" sowie "Quantenoptik und Quanteninformation".

Reduziertes Portfolio und Brain-Drain

Laut ÖAW-Vizepräsident Arnold Suppan sollen die derzeit 63 Forschungseinrichtungen der Akademie auf 22 Institute konzentriert werden. Welche Institute geschlossen werden, ist laut Denk noch nicht klar. Bis März 2012 soll dafür ein "konkreter Reform- und Restrukturierungsplan" ausgearbeitet werden, so die Leiterin der Forschungssektion im Wissenschaftsministerium, Barbara Weitgruber. Zudem soll mit Universitäten über eine Übernahme von ÖAW-Einrichtungen verhandelt werden.

Seitens der Institutsdirektoren der ÖAW wird die Leistungsvereinbarung aufgrund der "langfristigen Budgetsicherheit" begrüßt, die geplante Redimensionierung sorge derzeit aber für "Unsicherheit", so der Vorsitzende der Institutsdirektorenkonferenz, Eberhard Widmann. Es werde zu einer "Reduktion des Forschungs-Portfolios" der ÖAW kommen, man befürchte Institutsschließungen und damit einen "Brain-Drain junger Forscher". Auch die Vorsitzende des ÖAW-Betriebsrats, Bedanna Bapuly, befürchtet "Kündigungen hochqualifizierter Wissenschaftler" aufgrund der vorgesehenen Schließungen und Übertragungen von ÖAW-Einrichtungen an Unis.

300 Posten unsicher

Derzeit sind an der ÖAW mehr als 1.400 Mitarbeiter beschäftigt. Wenn nicht entsprechende Maßnahmen getroffen werden, würden aufgrund der Deckungslücke von rund 40 Millionen Euro etwa 300 Vollzeitstellen wackeln, sagte ÖAW-Finanzdirektor Peter Lotz. Durch Übertragung von Akademie-Einrichtungen an Unis könnten rund 100 Mitarbeiter von den Universitäten übernommen werden.

Mit der Uni Wien wurde laut Denk bereits eine Absichtserklärung zur Übernahme des Instituts für Europäische Integrationsforschung und der Kommissionen für Linguistik und für Rechtsgeschichte unterzeichnet. Weitere Übernahmekandidaten sind unter anderem das Institut für Limnologie (Uni Innsbruck), Teile des Erich Schmid-Instituts für Materialwissenschaft (Montanuni Leoben) oder das Institut für Integrierte Sensorsysteme (TU Wien).

Die durch solche Übertragungen freiwerdenden Budgetmittel bleiben der ÖAW bis zu maximal 7,8 Millionen Euro jährlich erhalten und sollen für Schwerpunktsetzungen verwendet werden können. Außerdem erhält die ÖAW zur Umsetzung der notwendigen Restrukturierungs- und Reformmaßnahmen im Rahmen der Leistungsvereinbarung 10 Millionen Euro.

science.ORF.at/APA

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