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Partikel und Feld, schematische Darstellung

Materie aus dem Nichts

"Aus dem Nichts entsteht nichts" - "ex nihilo nihil fit", weiß der Lateiner. Doch die Quantentheorie widerspricht: Selbst aus dem Vakuum kann etwas entstehen, sofern man es mit entsprechenden Feldstärken aus der Reserve lockt.

Quanteneffekt 10.11.2011

Die ersten theoretischen Überlegungen zum spontanen Zerfall des Vakuums hat bereits der österreichische Physiker Fritz Sauter 1931 angestellt. Doch erst der US-Physiker Julian Schwinger fand in den 50er Jahren "eine elegante Ableitung, wie stark sich das Vakuum gegen seinen Zerfall wehrt", sagt Reinhard Alkofer vom Institut für Physik der Universität Graz.

Er hat nun mit seinem Dissertanten Florian Hebenstreit sowie mit Holger Gies von der Universität Jena berechnet, wie aus dem Vakuum spontan Teilchen entstehen können.

Nötig: Trillionen Volt pro Meter

Die Studie

"Particle Self-Bunching in the Schwinger Effect in Spacetime-Dependent Electric Fields", Physical Review Letters (doi: 10.1103/PhysRevLett.107.180403).

Grundsätzlich befindet sich ein Quantenvakuum im energetisch niedrigsten Zustand und kann mangels Energie nicht zerfallen - es ist im Gleichgewicht. Erst wenn Energie von außen, etwa in Form eines elektrischen Felds, zugeführt wird, gelingt es, das Vakuum aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Doch das ist gar nicht so einfach: Notwendig ist ein elektrisches Feld in der Größenordnung von Trillionen (zehn hoch 18) Volt pro Meter - weshalb das ganze "lange als völlig akademisches Problem betrachtet wurde", so Alkofer. Denn selbst extrem starke Blitze erreichen maximal eine Feldstärke von 200.000 Volt pro Meter, "das ist gerade einmal der Billionste Teil der Feldstärke in unseren Rechnungen", betonen die Physiker.

Experimente in Reichweite

Doch mit zwei geplanten Großforschungseinrichtungen, dem Röntgenlaser XFEL in Hamburg und der Extreme Light Infrastructure in Tschechien, die beide 2015 in Betrieb gehen sollen, sollte dieser Wert in greifbare Nähe rücken. "Mit diesen Hochleistungslasern wird man in einigen Jahren auf kleinstem Raum für kurze Zeit diese Feldstärke erreichen", so Alkofer.

Dann sollten Experimente möglich sein, in denen spontan aus dem Nichts Materie- und Antimaterie-Teilchen entstehen, konkret Elektronen und Positronen. Was genau wann und wo im Vakuum passiert, konnte Hebenstreit in seiner Dissertation nun erstmals berechnen. Zudem fand der Physiker ein völlig unerwartetes Verhalten der Materie- und Antimaterie-Teilchen, "das uns erlauben sollte, sie viel leichter zu detektieren", so Hebenstreit.

science.ORF.at/APA

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