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Keanu Reeves in "Matrix"

Der Stoff, aus dem Legenden sind

"You talkin' to me?", "May the force be with you" - US-Forscher glauben zu wissen, was Filmzitate zu Klassikern macht. Die Formel für legendäre Sätze: ungewöhnliche Wörter plus einfache Grammatik mal allgemeine Anwendbarkeit.

Filmzitate 06.04.2012

"You had me at hello" heißt eine Studie, die Computerwissenschaftler von der Cornell University soeben veröffentlicht haben. Wie zu erwarten, ist der Titel ein Filmzitat, ein Liebesgeständnis aus dem Mund von Renee Zellweger im Film "Jerry Maguire". Der Streifen mag nicht die Krönung des cinekulturellen Schaffens sein, aber der Satz hat etwas. Er bleibt hängen. Er ist "catchy", wie der Angelsachse sagt.

Warum? Gibt es abseits von Kontext und Zeitgeist noch andere Faktoren, die Sätze zu Fixgrößen der Popularkultur machen? Cristian Danescu-Niculescu-Mizil hat diese Frage mit Hilfe von Experiment und Statistik untersucht, seine Antwort lautet: Es gibt solche Faktoren, erfolgreiche Phrasen haben tatsächlich etwas gemeinsam.

Onlinetest für Cinephile

Zunächst legte Danescu Probanden ein Dutzend Paare von Sätzen vor. Der eine Satz war einer, der in der Internet Movie Database IMDb in der Kategorie "memorable quotes" rangiert. Der andere ein unbekannter Satz vergleichbarer Länge, selber Film, selber Darsteller, ähnliche Stelle im Plot. Laut dem auch online verfügbaren Test (hier) erkennen Testpersonen in 75 Prozent der Fälle die bekannten Textstellen. Das funktioniert selbst dann, wenn sie die betreffenden Filme nicht gesehen haben.

Danescus zweiter Schritt war ein Vergleich von IMDb-Zitaten aus mehr als 1.000 Filmen mit einer US-amerikanischen Phrasensammlung des Jahres 1967. Das leicht antiquierte Dokument wählte er deswegen, weil manche Filmpassagen in die Normalsprache einsickern und daher Überschneidungen bei moderneren Versionen unumgänglich gewesen wären.

Phrasen-Klebeformel

Dann folgte die Lingualstatistik: Danescus Analysen zufolge sind bekannte/legendäre Sätze einfach gebaut, sie verwenden eine Standardgrammatik, drücken das Gesagte aber in ungewöhnlichen Wortkombinationen aus. Und sie tun das auf allgemeine Art und Weise, oft mit Hilfe von Pronomina, unbestimmten Artikeln und Gebrauch der Mitvergangenheit.

"Go ahead, make my day" aus dem Mund von Clint Eastwood in "Sudden Impact", dem vierten Teil von "Dirty Harry", könnte etwa so ein Satz sein: Sprecher und Adressat sind ohne zugehöriges Bild unsichtbar, der Anwendungsrahmen ist außerhalb des filmischen Kontextes beinahe beliebig. Nur die Mitvergangenheitsregel gilt in diesem Fall nicht - Ausnahme darf sein.

Wie Danescu in seiner Studie schreibt, zeigen Phrasen aus der Werbewirtschaft (die definitionsgemäß dazu entworfen wurden, um im Gedächtnis kleben zu bleiben) die gleichen Charakteristika: Allgemeinheit, simple Syntax, überraschende Wörter. Ihm zufolge könnte die Methode dazu dienen, die Erfolgsaussichten von Formulierungen in Marketing, Werbung und Bildungswesen zu bewerten. Tritt der gute Satz ins Zeitalter seiner technischen Produzierbarkeit? "Never send a human to do a machine's job."

Robert Czepel, science.ORF.at

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