"Wir können davon ausgehen, dass die Welt tatsächlich so verrückt ist, wie Einstein hoffte, dass sie es nicht ist", hatte Zeilinger schon vor einigen Jahren gesagt und mit seiner Gruppe nun einmal mehr den Beweis dafür angetreten.
Die Studie:
"Experimental delayed-choice entanglement swapping" ist in "Nature Physics" erschienen (doi:10.1038/nphys2294).
Verschränkte Teilchen
Die Wissenschaftler gehen dabei von der Verschränkung von Teilchen aus: Zwei verschränkte Teilchen, etwa zwei Photonen, bleiben über beliebige Distanzen miteinander verbunden. Sind sie verschränkt, haben perfekt definierte gemeinsame Eigenschaften, verlieren dabei allerdings ihre Einzeleigenschaften.
Ein Beispiel: Könnte man zwei Spielwürfel verschränken, wüsste man bis zur Messung nicht, welche Augenzahl sie zeigen. Nach der Messung würde aber mit Sicherheit bei beiden die gleiche - zufällige - Seite nach oben zeigen.
Sind zwei Teilchen nicht verschränkt, hat jedes seine eigene wohldefinierte Eigenschaft - die Physiker sprechen von "separablen Quantenzuständen". Im Fall der Würfel würde bei jedem davon eine zufällige Seite nach oben zeigen, völlig unabhängig vom anderen Würfel.
Gedankenexperiment
Jetzt sollte man meinen, dass auch in der Quantenwelt die Frage, ob die beiden Teilchen verschränkt sind oder nicht, klar beantwortet werden kann, oder wie die Physiker es ausdrücken, "ein objektives Faktum der Wirklichkeit sein muss". Doch die Physiker vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) und des Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien zeigten, dass dies nicht immer der Fall ist.
Sie verwirklichten dazu ein Gedankenexperiment aus dem Jahr 2000 des israelischen Physikers Asher Peres (1934-2005), einem Pionier der Quanteninformationstheorie.
Dabei werden zwei verschränkte Paare von Photonen produziert. Ein Photon von jedem Paar wird an ein Messgerät ("Viktor") geschickt. Von den zwei verbleibenden Photonen wird eines an das Messgerät "Alice" und eines an das Gerät "Bob" gesendet. "Viktor" hat bei seiner Messung zwei Möglichkeiten. Er kann die zwei Photonen so messen, dass sie in einen verschränkten Zustand gezwungen werden, dann wird auch das Photonenpaar von "Alice" und "Bob" verschränkt. Entscheidet sich "Viktor" aber, seine beiden Teilchen einzeln zu messen, dann wird auch das Paar von "Alice" und "Bob" in einen separablen Zustand gebracht.
Entscheidung verzögert
So weit, so bekannt. Die Physiker um Erstautor Xiao-song Ma haben in ihrem Experiment aber "Viktors" Entscheidung und Messung verzögert, diese findet erst nach den Messungen von "Alice" und "Bob" statt.
Damit waren sie aber in der Lage, erst nach der Messung von "Alice" und "Bob" die Entscheidung über den Quantenzustand der Photonen von "Alice" und "Bob" zu treffen, also ob die Photonen verschränkt oder separabel waren. Die Entscheidung kann sogar erst dann fallen, wenn die Lichtteilchen von "Alice" und "Bob" gar nicht mehr existieren.
Input aus der Zukunft
Wie Zeilinger gegenüber der APA betonte, ist das Experiment "nicht nur eine philosophische Spielerei", sondern hat auch praktische Bedeutung. Eine solche Anordnung und Prozedur mit den vier Photonen würde sich auch für sogenannte "Quanten-Repeater" eignen, die man in Zukunft dazu nützen könnte, Quantencomputer zu verbinden. So könnte man damit Output und Input von Quantencomputern verknüpfen.
Die Konsequenz daraus klingt unglaublich und zeigt einmal mehr, wie seltsam die Quantenwelt sein kann: "Das bedeutet letztlich, dass ein Quantencomputer in der Vergangenheit mit einem Problem zu rechnen beginnen kann, das von einem Input stammt, der erst in der Zukunft existiert."
science.ORF.at/APA