Standort: science.ORF.at / Meldung: "Vitamin-A-Enzym gegen Körperfett"

Eine schlanke und eine übergewichtige Frau

Vitamin-A-Enzym gegen Körperfett

Einen möglichen Ansatz, Dickleibigkeit mit einem Medikament zu bekämpfen, hat ein Wiener Wissenschaftler gefunden. Ein Enzym des Vitamin-A-Stoffwechsels steuert offenbar den Energiehaushalt im "bösen" weißen Körperfett. Schaltet man es aus, verbrennt der Körper Energie, anstatt Fett zu speichern.

Medizin 07.05.2012

Die Studie:

"Retinaldehyde dehydrogenase 1 regulates a thermogenic program in white adipose tissue" von Florian Kiefer und Kollegen ist in "Nature Medicine" erschienen.

"'Böses' weißes Fett speichert Energie. 'Gutes' braunes Fettgewebe hingegen verbrennt Energie durch Wärmeproduktion. Doch der erwachsene Mensch hat kaum mehr braunes Fett. Es wird von Babys zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur benötigt. Übergewichtige und Adipöse haben vor allem weißes Fett", erklärte Florian Kiefer von der Harvard Medical School in Boston (USA).

Der Clou an der aktuellen wissenschaftlichen Arbeit, so Kiefer, der ehemals an der MedUni Wien arbeitete: "Wir haben einen Weg gefunden, weißes Fett zu 'bräunen'. Das heißt, dass es die Charakteristika von braunem Fett mit Energieverbrennung annimmt."

Energie wird verbrannt statt gespeichert

ORF-Programmschwerpunkt:

Von 5. bis 11. Mai 2012 widmet sich der ORF im Rahmen eines "bewusst gesund"-Programmschwerpunkts unter dem Motto "Österreich speckt ab" mit seiner gesamten Medienvielfalt dem Thema Abnehmen.

Kiefer und seine Kollegen konnten das Enzym Retinylaldehyd-Dehydrogenase 1 als einen entscheidenden Faktor für Adipositas (Dickleibigkeit) identifizieren. Von dem Enzym gibt es drei Formen, die den Vitamin A-Stoffwechsel im Organismus regulieren.

Der Experte: "Retinaldehyd-Dehydrogenase 1 wird vor allem im Bauchfett gebildet und ist bei Adipösen deutlich erhöht. Schaltet man bei Mäusen das Gen für diese Form aus, kann man sie mit hochkalorischem Futter ernähren, sie werden nicht dick."

Ohne das Enzym häuft sich in den Zellen die Vitamin-A-Vorstufe Retinylaldehyd an. Das wiederum aktiviert ein bestimmtes Protein (uncoupling protein-1), worauf der Stoffwechsel der Fettzellen von Energiespeicherung auf Energieverbrennung umstellt, folglich im Organismus Energie in Form von Wärmeproduktion verbraucht wird.

Ohne Vitamin A geht es nicht

Kiefer: "Wir konnten mittlerweile zeigen, dass das auch bei menschlichen Fettzellen funktioniert." Mehr noch, an adipösen Mäusen ließ sich sogar schon ein möglicher therapeutischer Ansatz erfolgreich erproben. Wenn man den adipösen Mäusen eine bestimmte Substanz injiziert, das die Produktion des Enzyms ausschließlich im Fett blockiert, "kann man eine weitere Gewichtszunahme stoppen", sagt der Wissenschaftler.

Was die Sache zusätzlich zukunftsträchtig erscheinen lässt: Mäuse ohne das Enzym sind sonst "pumperlgesund". Kiefer: "Das liegt daran, dass es drei Formen des Enzyms gibt. Wir hemmen nur eine davon. Ohne Vitamin A würden die Mäuse noch im Uterus sterben, aber die beiden anderen Formen des Enzyms können das offenbar kompensieren. Übrigens, wir Menschen könnten ohne Vitamin A nicht leben."

Aber die fettselektive Blockade einer der Enzym-Formen würde offenbar nur auf den Energiestoffwechsel eine Auswirkung haben.

science.ORF.at/APA

Mehr zu dem Thema: