Bisher ging man davon aus, dass der Blütenstaub nicht in jene Höhen vordringt, wo die Eisbildung üblicherweise stattfindet.
Die Studie:
Die Studie "Suspendable macromolecules are responsible for ice nucleation activity of birch and conifer pollen" ist im März 2012 im Journal "Atmospheric Chemistry und Physics" erschienen (doi:10.5194/acp-12-5787-2012).
Keim zur Kristallbildung
Reines Wasser gefriert normalerweise nicht bei null Grad Celsius. Ein Wassertröpfchen in einer Wolke benötigt dazu einen sogenannten Nukleationskeim, um Eiskristalle zu bilden. An so einer mikroskopisch kleinen Struktur können sich die Wassermoleküle beim Gefrieren orientieren. Bei Schneekanonen nutzt man dieses Prinzip, indem man dem versprühten Wasser Fragmente eines Bakteriums als Nukleationskeim zusetzt.
Pollen sind zwar nur einige Hundertstel Millimeter groß, aber dennoch zu schwer, um in große Höhen zu gelangen. In mehr als fünf Kilometer Höhe sind sie nach Angaben der Wissenschaftler kaum noch zu finden. Allerdings weiß man, dass organisches Material durchaus weit hinauf in die Atmosphäre gelangt.
Abgekühlte Tröpfchen
Eine russische Studie aus den 1970er Jahren hat in 50 Kilometer Höhe noch Bakterien und Pilzsporen gefunden, eine neuere US-Untersuchung habe gezeigt, dass über 30 Prozent der Eiskeime (in acht bis zehn Kilometer Höhe) biologischer Herkunft waren, erklärte Hinrich Grothe vom Institut für Materialchemie der TU Wien.
Ö1 Sendungshinweis:
Über die Studien berichtet auch "Wissen Aktuell" am 9. Juli 2012 um 13.55 Uhr.
Er hat gemeinsam mit Bernhard Pummer untersucht, wie sich Pilzsporen und Blütenpollen auf den Gefrierprozess auswirken. Statt in Luft haben sie dazu Wassertröpfchen in Öl eingebettet und den Tröpfchen dabei Pollen, Sporen bzw. Makromoleküle von deren Oberflächen zugesetzt. Die Tröpfchen wurde dann abgekühlt und die Temperatur gemessen, bei der sie gefrieren.
Makromoleküle
Die Forscher konnten zeigen, dass die Form der Oberfläche nichts mit dem Gefrierprozess zu tun hat. Es stellte sich aber auch heraus, dass sich Makromoleküle von der Oberfläche der Pollen leicht ablösen lassen und deren Nukleationswirkung genauso groß ist wie bei den ganzen Pollen. "Solche Makromoleküle können mühelos bis in die obere Troposphäre in mehr als zehn Kilometer Höhe vordringen und dort Wolken zum Gefrieren bringen, der Pollenkörper wird dafür gar nicht benötigt", so Grothe.
Für die Klimaforschung ist das von Bedeutung: Einerseits beeinflusst das Gefrieren von Wolken die Niederschlagsmenge, andererseits ändert sich dadurch auch die sogenannte Albedo der Wolke: Gefrorene Wolken reflektieren das Sonnenlicht besser ins All zurück, die Erde wird dadurch abgekühlt.
science.ORF.at/APA