Die Studien:
"'Facebook Depression?' Social Networking Site Use and Depression in Older Adolescents" wurde am 9. Juli 2012 im "Journal of Adolescent Health" online veröffentlicht (doi:10.1016/j.jadohealth.2012.05.008),
"Clinical Report-The Impact of Social Media on Children, Adolescents, and Families" von der American Academy of Pediatrics (APP) online in ihrem offiziellem Medium, der Fachzeitschrift "Pediatrics", am 28. März 2011.
(doi: 10.1542/peds.2011-0054)
Ärzte warnten
Im April 2011 publizierte die Amerikanische Akademie der Kinderärzte (APP) einen Bericht zu den Auswirkungen von sozialen Medien auf Kinder und Jugendliche. Die Ärzte warnten vor den Gefahren der virtuellen sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter und MySpace aber auch vor virtuellen Welten wie Second Life und The Sims. Dort würden neben Internet-Mobbing und dem Versenden von unpassenden Inhalten ("Sexting") auch die "Facebook-Depression" drohen.
Mit dem von den Forschern geprägten Begriff, meinen sie das Auftreten von den klassischen Symptomen der Depression wie zum Beispiel Schlafstörungen, Appetitsverlust sowie ein Gefühl der Einsamkeit und Niedergeschlagenheit.
Siebzig Prozent Online
So meinte die Autorin des Berichtes, die Ärztin Gwenn O´Keefe, dass vor allem die von Selbstzweifeln geplagten Jugendlichen einem erhöhten Risiko ausgesetzt wären. Wenn es diesen Jugendlichen nicht gelinge, sich in die "Online-Community" zu integrieren und ausreichend Kontakte zu knüpfen, dann bestehe die Gefahr der Verstärkung ihrer Unsicherheit und Isolation. Vor allem wenn man bedenkt, dass siebzig Prozent von ihnen soziale Medien nutzen und diese einen zentralen Bestandteil in ihrem Leben darstellen.
Aufgrund dieser Gefahren sollte der Bericht der APP Eltern und Kinderärzte dafür sensibilisieren, dass soziale Medien nicht immer ein gesundes Umfeld für Ihre Kinder darstellen. Über die sogenannte "Facebook-Depression" gehen die Meinungen aber auseinander, wie nun eine neue Studie zeigt.
Kein Zusammenhang
Lauren Jelenchick und Megan Moreno von der Universität Wisconsin-Madison, Fakultät für Öffentliche Gesundheit und Medizin, entkräften den Bericht der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte. Sie zeigten, dass kein Zusammenhang zwischen Depressionen und Facebook-Nutzung besteht, auch dann nicht, wenn junge Menschen einen Großteil ihrer Zeit auf Facebook verbringen.
In der Untersuchung wurden 190 Studenten zwischen 18 und 23 Jahren über einen Zeitraum von elf Monaten beobachtet. Die Studenten wurden anhand eines Fragebogens regelmäßig befragt, ob sie gerade online wären, wie viele Minuten sie online waren und was sie im Internet taten, so die Studienautoren. Zusätzlich wurden sie regelmäßig mittels eines klinischen "Depressions-Screenings" auf die Entwicklung von Krankheitssymptomen überprüft.
Die Forscher fanden keinen Zusammenhang zwischen der Zeit, die auf Facebook verbracht wird, und dem Auftreten von Depressionen, obwohl die untersuchten Teilnehmer mehr als die Hälfte ihrer Zeit online waren.
"Die Studie ist die erste, die den vermuteten Zusammenhang zwischen sozialen Medien und Depression wissenschaftlich widerlegt", behauptet Lauren Jelenchick. Dies habe wichtige Folgen für Ärzte, die voreilig Eltern vor den Gefahren der sozialen Netzwerke warnen wollen, so die Studienautorin. Es besteht also kein Grund zur Beunruhigung.
Gebrauch im Kontext sehen
Megan Moreno, Zweitautorin und Kinderärztin, meint, dass Eltern vielmehr den Gebrauch von sozialen Netzwerken im Vergleich zu den anderen Aktivitäten ihrer Sprösslinge sehen sollen. Wenn sich das Verhalten und die Stimmung nicht drastisch verändert, sie Freunde haben und die Schulleistungen konstant bleiben, dann bestehe kein Grund zur Beunruhigung.
Statt sich unnötig Sorgen zu machen, wäre es besser, ein gutes Vorbild für den sicheren und ausgeglichenen Gebrauch von Medien zu sein, so die Kinderärztin.
Aaron Salzer, science.ORF.at