Bier, Sauerteig, Käse, Joghurt, Sojasauce oder Sauerkraut gehören zu den Lebensmitteln, die wir ohne domestizierte Mikroben nicht hätten. Während bei Pflanzen und Tieren durch die Kultivierung hauptsächlich Körpermerkmale verändert wurden, haben die Mikroorganismen ihren Stoffwechsel an menschliche Bedürfnisse angepasst.
Und das sei in einer Mischung aus Absicht und Zufall passiert, schreiben die Wissenschaftler rund um Antonis Rokas von der Vanderbilt Universität in Nashville, Tennessee in den USA.
Gesunder Schimmelpilz
Die Studie:
"Beige Adipocytes Are a Distinct Type of Thermogenic Fat Cell in Mouse and Human" von Jun Wu et al. ist am 12.7. in der Fachzeitschrift "Cell" erschienen
Für ihre Studie haben die US-Forscher den kultivierten Schimmelpilz Aspergillus oryzae untersucht, der vor allem zur Herstellung des Reisweins Sake, von Sojasoße und japanischer Miso-Paste benutzt wird. Sie verglichen ihn mit seinem nicht kultivierten Verwandten Aspergillus flavus. Das Erbgut der beiden Sporenträger ist zu 99,5 Prozent identisch. Aber die Biologen fanden "dramatische" Unterschiede in den Genstrukturen für einzelne Stoffwechselwege. Während A. flavus giftige Stoffe produziert, ist A. oryzae ungefährlich und wandelt bei der Herstellung von Sake Reisstärke in Zucker um.
"Wir waren sehr überrascht, dass der Teil des Stoffwechsels, der für die Produktion der giftigen Stoffe zuständig ist und den die Schimmelpilze zur Verteidigung benutzen, in dem kultivierten Schimmelpilz massiv unterdrückt war. In seinem wilden Verwandten war er es dagegen nicht", erklärt Antonis Rokas. "Der Kultivierungsprozess hat also einen Schimmelpilz zum Vorschein gebracht, der - salopp gesagt - friedlich mit seinen Nachbar-Mikroben zusammenlebt." Die giftigen Nebenprodukte von Aspergillus flavus hingegen - Aflatoxine genannt - können selbst Menschen gefährlich werden: Sie wirken krebserregend.
Domestizierung bereits vor 7.000 Jahren
Für China sei nachgewiesen, dass dort schon vor 7.000 Jahren fermentierte Lebensmittel genutzt wurden, schreiben die Forscher. Die Produktion von Reiswein sei später entwickelt worden. Die Stärke aus den Reiskörnern muss dabei vor dem Brauen erst in Zucker umgewandelt werden - mit Hilfe des Schimmelpilzes Aspergillus oryzae.
Für die Gärung wird Hefe zugegeben - ebenfalls ein Pilz, Saccharomyces cerevisiae genannt. "Es ist sehr schade, dass sich die meisten Menschen vor Mikroben fürchten", bedauert der Biologe Antonis Rokas. "Die überwiegenden Mehrheit dieser Mikroorganismus bietet tatsächlich eine Menge nutzbringender Verwendungsmöglichkeiten für den Menschen."
science.ORF.at/APA/dpa
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