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Pillen auf einer Hand.

Mehr Studien zu Kinderarzneimitteln geplant

Was in Österreich seit längerem gefordert wurde, wird jetzt mit der Hilfe des Gesundheitsministeriums und der Pharmaindustrie umgesetzt: Eine Anschubfinanzierung von je 150.000 Euro über die nächsten fünf Jahre hinweg soll ein Forschungsnetzwerk für Kinderarzneimittel ermöglichen.

Medizin 20.08.2012

Da ein Gutteil der in der Kinderheilkunde verwendeten Medikamente keine eigene Zulassung und keine ausreichende Untersuchung in klinischen Studien vorzuweisen hat, besteht auf diesem Gebiet erheblicher Aufholbedarf, hieß es Montag früh bei einer Pressekonferenz am Rande der Alpbacher Gesundheitsgespräche.

Umsetzung einer EU-Forderung

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) betonte die Schwerpunktsetzung seines Ressorts in Sachen Kinder- und Jugendgesundheit: "Wir haben die Aufwendungen für das Kinderimpfprogramm um 50 Prozent erhöht. Wir haben nahezu eine hundertprozentige Deckung bei der Impfrate." Auf der anderen Seite gebe es bei den Medikamenten für Kinder große Defizite, was die Studienlage betreffe: "Bis zu 90 Prozent der Medikamente wurden nicht auf Kindertauglichkeit geprüft."

Entsprechend den Forderungen der EU, die solche Studien für alle auf dem Markt befindlichen Arzneimittel fordert, soll nun auch in Österreich die klinische Forschung im Bereich der Pädiatrie verstärkt werden. Reinhold Kerbl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde: "Wir wollen für unsere Patienten nicht nur die besten, sondern auch die sichersten Arzneimittel verfügbar machen."

Koordination wird gefördert

Mit dem Geld des Gesundheitsministeriums - in gleicher Höhe wird die Initiative von der pharmazeutischen Industrie unterstützt - soll speziell die Koordination von Arzneimittelstudien mit Kindern als Probanden in Österreich gefördert werden. Der Generalsekretär des Verbandes der pharmazeutischen Industrie Österreichs, Jan Oliver Huber, betonte, dass man mit dem Projekt die Zahl der Medikamente erhöhen wolle, die explizit für Kinder zugelassen sind.

Im Rahmen des entstehenden Netzwerkes soll die Durchführbarkeit solcher Projekte untersucht und - im positiven Fall - die Realisierung angestoßen werden. Nach fünf Jahren soll sich das Netzwerk selbst tragen. Die Wiener Onkologin Ruth Ladenstein (St. Anna Kinderspital) fungiert als Koordinatorin.

Positives Beispiel: Pneumokokken-Impfung

Was die moderne Medizin in Sachen Kinderheilkunde für die jungen Patienten und auch für die Erwachsenen zu leisten imstande ist, hatte bereits Sonntagabend der deutsche Experte Mark van der Linden (Nationales Referenzzentrum für Streptokokken am Klinikum Aachen) am Beispiel der Pneumokokken-Impfung für Kinder dargestellt. In Deutschland, in England und in Wales, wo die Impfung seit Jahren generell durchgeführt werden, sind die im Impfstoff enthaltenen Serotypen fast verschwunden.

Der Schutz von Babys und Kleinkindern vor schweren Pneumokokken-Infektionen (Lungenentzündungen, Meningitis etc.) schlägt auch bereits auf die Erwachsenen durch. Kinder als nicht erkrankte Träger der Keime stecken nämlich oft Erwachsene an. Auch die schmerzhafte und lästige Mittelohrentzündung durch Pneumokokken kann damit zurückgedrängt, der Antibiotikagebrauch (Resistenzen) verringert werden.

In Österreich wird im Rahmen des kostenlosen Kinderimpfprogramms seit kurzem allen Kindern auch diese Impfung zur Verfügung gestellt. Binnen kurzer Zeit konnte damit bereits eine rund 80-prozentige Durchimpfungsrate bei Babys erzielt werden.

science.ORF.at/APA

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