Theoretische Physiker der Universität Wien und der Université Libre in Brüssel haben nun eine Arbeit vorgelegt, in der sie beschreiben, dass die Abfolge von Ereignissen nicht immer klar definiert sein muss.
Die Studie:
"Quantum correlations with no causal order" erscheint am 2. Oktober 2012 in "Nature Communications" (DOI:10.1038/ncomms2076).
Ö1 Sendungshinweis:
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 3.10., 13:55 Uhr.
Zwei Zustände gleichzeitig
Aufgrund des außergewöhnlichen Quanteneffekts der "Superposition" wird es möglich, dass in der Quantenwelt auch die kausale Reihenfolge infrage gestellt wird. Gemäß den Gesetzen der Quantenmechanik können Objekte ihre wohldefinierten klassischen Eigenschaften verlieren, sodass etwa ein Teilchen nicht mehr genau lokalisierbar ist und zugleich an zwei unterschiedlichen Orten sein kann - zwei Zustände überlagern sich.
"In der klassischen Physik haben wir immer eine wohldefinierte Zeitanordnung der Effekte und wir wissen, dass ein Effekt nur eine Wirkung in die Zukunft haben kann", so Caslav Brukner von der Gruppe Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation der Uni Wien gegenüber der APA. In der Quantenphysik "haben wir aber auch immer Möglichkeiten, uns Zustände auszudenken, die Überlagerungen von klassischen Situationen entsprechen".
Alice an Bob an Alice
Die Physiker illustrieren diesen möglichen Zustand so: Zwei Personen namens "Alice" und "Bob" tauschen Informationen aus. Nach dem klassischen Verständnis kann beispielsweise Alice nur eine Information an Bob weitergeben, die er erst später erhält. Brukner und seine Kollegen Ognyan Oreshkov und Fabio Costa haben sich die Frage gestellt, ob der Zustand der Superposition auch auf "die Überlagerung zweier kausaler Reihenfolgen" angewandt werden kann. Ist es also möglich, dass Alice eine Information an Bob schickt und "in gewissem Sinn gleichzeitig Bob eine Information an Alice sendet", fragten sich die Physiker.
Wenn dem so ist, "wäre die zeitliche Anordnung, genauso wie der Ort, nicht voll definiert". Die Forscher haben sich nun eine neue Methode ausgedacht, wie man aufgrund von Messergebnissen feststellen könnte, dass dem auch tatsächlich so ist. Ihre "Causal Game" genannte Methode würde es theoretisch ermöglichen, "zu zeigen, dass wir eine neue Art der Quantenkorrelation sehen, die bei wohldefinierten Zeitabläufen nicht beschreibbar wäre".
Experimenteller Beleg schwierig
"Natürlich bleibt die Frage offen, ob man das tatsächlich in einem Experiment oder der Natur sehen kann", so Brukner. Diese Überlegungen tatsächlich in ein Experiment zu übertragen, sei jedoch denkbar schwierig, da man sich bereits bei der sprachlichen Beschreibung für die Experimentalphysiker einer "kausalen Sprache" bedienen müsse.
Brukner: "Damit bin ich schon gefangen, weil ich ja behaupte, dass wir Zusammenhänge haben, die auf diese Weise nicht erklärbar sind. Deshalb ist mir noch nicht ganz klar, wie wir das experimentell beweisen können - natürlich haben wir aber einige Ideen dazu."
science.ORF.at/APA