Walgesänge hätten vor 200 Jahren die Meere akustisch dominiert, berichten Michael Stocker und Tom Reuterdahl beim 164.Treffen der Acoustical Society of America in Kansas City, Missouri. Die beiden Forscher des Ocean Conservation Research in Kalifornien haben die historischen Populationsgrößen mehrerer Walarten bestimmt und daraus die Lautstärkenverhältnisse früherer Zeiten abgeleitet.
Im Nordatlantik habe es einst 350.000 Finnwale gegeben, berichten die beiden. "Ihre Gesänge haben den Ozean im 19. Jahrhundert mit einer Lautstärke von bis zu 126 Dezibel beschallt - das ist so laut wie ein Rockkonzert", sagt Stocker. Die Stimmlage der Gesänge sei allerdings auf Bässe beschränkt gewesen, nämlich auf Frequenzen zwischen 18 und 22 Hertz.
Fangzahlen jahrzehntelang gefälscht
Die Berechnung früherer Populationszahlen sei keine einfache Sache, sagen Stocker und Tom. Denn im Zuge des industriellen Walfangs seien Fangzahlen in großem Stil gefälscht worden. Kapitäne von Fangschiffen mussten Steuern pro erlegtem Tier zahlen - und waren daher interessiert, ihren Fang offiziell möglichst klein aussehen zu lassen. So wurde eine doppelte Buchhaltung eingeführt. Allerdings nicht im herkömmlichen Sinn: ein Buch mit den erwünschten, ein Buch mit den realen Zahlen.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion seien etwa Dokumente aufgetaucht, denen zufolge die Sowjets von den späten 50er- bis Mitte der 60er-Jahre 2.710 Buckelwale harpuniert hätten. Neueren Daten zufolge seien es aber 48.000 gewesen, sagen Stocker und Tom. Berechnungen auf Basis mitochondrieller DNA-Daten würden diese Schätzung bestätigen.
"Wir können davon ausgehen, dass sich Meerestiere im Lauf der Evolution an Lärm angepasst haben", sagt Stocker. "Im Fall des vom Menschen verursachten Lärms muss das aber nicht zutreffen. Denn dieser betrifft sehr weite Frequenzbänder und weist auch eine andere Textur als natürlicher Lärm auf. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er eine andere Wirkung auf die Umwelt hat."
science.ORF.at
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