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Skelett eines Säbelzahntigers

Großkatzen ging es gut - bis sie ausstarben

Mammuts und andere große Säugetiere sind vor rund 12.000 Jahren ausgestorben, weil sich das Klima änderte und der Mensch sich immer mehr ausbreitete. In der Folge wurde das Nahrungsangebot knapp: So lautet eine gängige Annahme. Zumindest für Säbelzahnkatzen und Löwen in Nordamerika stimmt das nicht, widersprechen nun US-Forscher.

Paläobiologie 27.12.2012

Zahnanalysen zeigen, dass die Großkatzen noch relativ knapp vor ihrem Verschwinden noch ausreichend Beute zur Verfügung hatten. "Warum sie ausgestorben sind, wissen wir nicht genau", sagt die Studienautorin Larisa DeSantis von der Vanderbilt University. "Es ist aber unwahrscheinlich, dass es ein Resultat von immer weniger Beutetieren war. Bis zu ihrem Ende dürften sie ein 'gutes Leben' gehabt haben."

Die Studie:

"Implications of diet for the extinction of saber-toothed cats and American lions" von Larisa DeSantis und Kollegen ist am 26.12. in "PLOS One" erschienen (sobald online).

Knochenkauen hinterlässt auf Zähnen Spuren

"Laut der gängigen Theorie ist es den Großkatzen am Ende der letzten Eiszeit immer schwerer gefallen, Nahrung zu finden. Wir wissen, dass sie von ihren Beutetieren bei Nahrungsknappheit viel weniger übrig lassen als in guten Zeiten", sagt die Paläobiologin in einer Aussendung. "Wenn sie länger an den Knochen herumkauen, bildet sich das auf ihren Zähnen ab."

Genau auf diesem Mechanismus beruht eine Studie aus dem Jahr 1993. Blaire Van Valkenburgh von der University of California berichtete damals von Zahnspuren ausgegrabener Exemplare von Löwen, Säbelzahntigern, Wölfen und Koyoten.

Die Anzahl kaputter Zähne war dreimal so hoch wie bei Vergleichstieren der Gegenwart. Daraus schloss Van Valkenburgh, dass die Tiere zu Ende der Eiszeit ihre Beute "intensiver bearbeiteten" - ein Hinweis auf eine allgemein schlechte Nahrungssituation.

Zahnvergleich aus verschiedenen Zeiträumen

Eine ähnliche Analyse mit aber genaueren technischen Mitteln hat nun die Forschergruppe um Larisa DeSantis vorgenommen. Wie vor knapp 20 Jahren stammten auch die aktuellen Exemplare der Amerikanischen Löwen und Säbelzahnkatzen aus den La Brea Pits in Los Angeles, einer bekannten Stelle für Fossilfunde aus der Eiszeit.

Skelett eines Säbelzahntigers, ausgestellt im Page Museum in Los Angeles

Larisa DeSantis / Vanderbilt University

Skelett eines Säbelzahntigers, ausgestellt im Page Museum in Los Angeles

Die Forscher untersuchten die Zähne der Großkatzen mit Hilfe eines Mikroskops, das exakte dreidimensionale Bilder der Bissspuren lieferte: Jene des Amerikanischen Löwen ähnelten heutigen Geparden, die üblicherweise Knochen bei ihrem Fraß vermeiden. Die Spuren der Säbelzahnkatzen wiederum ähnelten heutigen Afrikanischen Löwen, die sich hin und wieder auch an Knochen delektieren.

Um zu überprüfen, ob sich an den Mustern im Laufe der Jahre etwas verändert hat, haben die Forscher Exemplare aus verschiedenen Zeiträumen miteinander verglichen - die ältesten waren 35.000 Jahre alt, die jüngsten 11.500. Jedoch: Fehlanzeige. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sich die jüngeren Tiere mehr in ihre Beute verbissen und damit ihre Zähne mehr abgenützt hätten als die älteren.

Dentale Missgeschicke bei der Jagd

Bleibt noch die Frage mit den komplett kaputten Zähnen. DeSantis und ihre Kollegen zweifeln nicht an deren Existenz. Sie interpretieren sie nur anders. "Zähne können beim Kauen von Knochen brechen, aber auch bei der Jagd", sagt die Paläobiologin.

Bei Hyänen etwa, die gerne an Knochen nagen, würden Eckzähne und Backenzähne gleich wahrscheinlich brechen. Bei Geparden hingegen, die das nicht tun, brechen die Eckzähne hingegen doppelt sie oft wie die Backenzähne. Und dies sei ein Hinweis darauf, dass die Missgeschicke eher beim Jagen passieren als beim Fressen.

Außerdem könne das hohe Gewicht der ausgestorbenen Tierarten zu den vielen kaputten Zähnen beigetragen haben. Die Säbelzahnkatzen waren so groß wie heutige Afrikanische Löwen, die Amerikanischen Löwen sogar noch um ein Viertel größer. Entsprechend üppig waren auch ihre Beutetiere - darunter Mammuts und Büffel. Wenn nun große Fleischfresser andere große Tiere jagen, können Zähne auch eher brechen. Relativ betrachtet würden große Zähne eher kaputtgehen als kleine, meint De Santis.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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