Bei der Suche nach dem Ursprung des Lebens konzentrieren sich viele Forscher auf den Ur-Informationsträger. Die DNA war es aller Wahrscheinlichkeit nicht, größere Chancen billigen viele der RNA zu. Demnach könnten die ersten zur Vermehrung fähigen Moleküle aus einer mit RNA-Bausteinen gesättigten Ursuppe entstanden sein. "RNA-Welt" heißt das Szenario offiziell. Nick Lane und William Martin lenken nun die Aufmerksamkeit auf einen anderen, bislang womöglich unterschätzten Aspekt.
Die Studie
"The origin of membrane bioenergetics", Cell (doi: 10.1016/j.cell.2012.11.050).
So wie der genetische Code bei allen Lebewesen gleich (also universell) ist, funktioniert auch die Energiegewinnung bei allen Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen nach einem universellen Prinzip. Zellen speichern bzw. gewinnen Energie durch Ionengradienten, die sie zwischen der Innen- und Außenseite der Membran aufbauen. Von diesem Prinzip hätten bereits die ersten Protozellen Gebrauch gemacht, schreiben die beiden Molekularbiologen im Fachblatt "Cell". Die waren zunächst nicht organischen Ursprungs: Die ersten Protozellen bildeten sich laut Lane und Martin in kleinen Hohlräumen in Eisen-Schwefelmineralien.
Solche Hohlräume gibt es auch heute noch, etwa in der Umgebung von heißen Quellen der Tiefsee, sogenannten "hydrothermal vents". Letztere müssten die Energie für den Urstoffwechsel geliefert haben, bis das Leben alternative Energiequellen zu nutzen wusste. Für dieses Szenario spricht unter anderem, dass einfache Bakterien, die sich von Wasserstoff und CO2 ernähren, eine ganz ähnliche Chemie zeigen wie bestimmte ("alkaline") Tiefseequellen. Laut Lane und Martin sind in der Folge Gene und Proteine in die Hohlräume eingewandert und haben den Stoffwechsel Schritt für Schritt angereichert.
Wie die Urgene ausgesehen haben könnten, lassen die beiden in ihrer Arbeit offen. Dazu passen könnte eventuell eine Theorie des schottischen Chemikers Graham Cairns-Smith. Er geht davon aus, dass die ersten Gene nicht aus RNA bestanden, sondern aus Tonmineralen. Bliebe zu prüfen, ob solche Minerale ebenfalls in der Tiefsee vorkommen.
Robert Czepel, science.ORF.at
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