Standort: science.ORF.at / Meldung: "Astronomie: Die Höhepunkte des Jahres "

Künstlerische Darstellung des Planeten um Alpha Centauri B

Astronomie: Die Höhepunkte des Jahres

2012 war aus astronomischer Sicht ein aufregendes Jahr. Anneliese Haika und Thomas Posch beschreiben in einem Gastbeitrag die wissenschaftlichen Höhepunkte. Eine Auswahl: sterbende Riesensterne, ein Planet in der galaktischen Nachbarschaft - und Methanmeere auf dem Saturnmond Titan.

Weltraum 31.12.2012

Astronomischer Jahresrückblick 2012

Von Anneliese Haika und Thomas Posch

Astronomische Beobachtungen bieten einen Blick zurück in die Vergangenheit. Je ferner ein Objekt, desto länger braucht sein Licht um uns zu erreichen. Mehr als 2.000 Bilder desselben, winzigen Himmelsausschnitts, aufgenommen mit dem Hubble Weltraumteleskop, wurden nun zu einem einzigen Bild kombiniert.

Dieses "eXtreme Deep Field" (XDF) zeigt etwa 5.500 Galaxien, die fernsten davon zu einer Zeit als das Universum erst 450 Millionen Jahre alt war. Damit ist das XDF der bisher tiefste Blick in die Vergangenheit.

Ein ähnlich tiefer Blick gelang mit dem japanischen Subaruteleskop auf Hawaii. Astronomen entdeckten damit einen Galaxienhaufen, der bereits weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall existierte.

Der Orion-Nebel in neuem Licht

die Gymnasiallehrerin A. Haika von der WAA und der Astronom Gerhard Posch

Privat

Die Autoren

Anneliese Haika ist Gymnasiallehrerin und Mitglied der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie (WAA). Thomas Posch ist Astronom an der Universität Wien.

Orion-Nebel

Jon Christensen

Der Große Orionnebel, auch Messier 42 genannt. Seine hellsten Abschnitte sind sogar mit freiem Auge zu sehen.

Forscher des Instituts für Astrophysik der Universität Wien untersuchen gemeinsam mit spanischen Kollegen den seit rund 400 Jahren bekannten Orionnebel. Dieses gut erforschte Sternentstehungsgebiet enthält nicht nur einen, sondern gleich zwei Sternhaufen mit unterschiedlichem Alter.

Zwar war dieser zweite Haufen schon seit den 1960er-Jahren bekannt, aber erst jetzt zeigte sich, wie viel Masse in ihm steckt. Dieser Befund wirft neue Fragen zu den Vorgängen der Sternentstehung im Orionnebel auf.

50 Jahre ESO

Im Oktober 2012 feierte die Europäische Südsternwarte ESO ihr 50jähriges Bestehen. Aus dem ursprünglichen Zusammenschluss von fünf Staaten wurde eine Organisation mit 15 Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich. Die ESO betreibt einige der besten Teleskopanlagen der Welt, darunter das Very Large Telescope (VLT) in der chilenischen Atakamawüste, das weltweit fortschrittlichste Observatorium im optischen Wellenlängenbereich.

Ebenfalls im nördlichen Chile, jedoch auf über 5.000 Meter Höhe, wird das radioastronomische Observatorium "Atacama Large Millimeter/submillimeter Array" (ALMA) gebaut. 2012 näherte sich ALMA in großen Schritten dem Endausbau, der 66 kombinierbare Einzelteleskope mit sieben bis zwölf Meter Durchmesser vorsieht.

Gaswirbel um Roten Riesenstern R Sculptoris

ESO

Gaswirbel um Roten Riesenstern R Sculptoris/Künstlerische Darstellung eines Sonnenunterganges auf der Supererde Gliese 667Cc

Astronomen aus der ganzen Welt nutzen die leistungsstarken Observatorien der ESO. Ein Beispiel dafür ist eine in "Nature" publizierte Studie über den sterbenden Riesenstern "R Sculptoris", der von Astronomen aus Wien schon länger studiert worden war.

Neue Beobachtungen mit ALMA zeigten nun in der von dem Roten Riesen abgestoßenen Materie eine Spiralstruktur, verursacht durch einen bisher unbekannten Begleitstern. Außerdem konnte aus den Daten die genaue Entwicklung des Massenverlustes des sterbenden Sterns über Jahrzehntausende hinweg rekonstruiert werden. Damit gelang auch ein Blick in die Zukunft unserer eigenen Sonne, die in etwa fünf Milliarden Jahren eine ähnliche Phase durchlaufen wird.

800 Exoplaneten - und ein Planet um Alpha Centauri!

Die Zahl der bisher entdeckten Planeten in fremden Sonnensystemen steigt rasant an. Derzeit sind bereits weit über 800 extrasolare Planeten nachgewiesen. Mit Hilfe des hochpräzisen HARPS-Spektrografen der ESO wurde ein Exoplanet in unserer unmittelbaren galaktischen Nachbarschaft gefunden. Alpha Centauri ist mit "nur" 4,3 Lichtjahren Entfernung das der Sonne am nächsten gelegene Sternsystem. Einer der drei Sterne in diesem System, Alpha Centauri B, besitzt einen Planeten mit nur etwas mehr als einer Erdmasse. So leichte Exoplaneten zu finden ist extrem schwierig. Der Planet umkreist den Mutterstern in nur 3,2 Tagen.

Eine mit dem gleichen Gerät durchgeführte Durchmusterung roter Zwergsterne führte Astronomen zu dem Schluss, dass es in der Milchstraße Milliarden Planeten mit einigen Erdmassen im Orbit um diese schwach leuchtenden Sterne geben dürfte. So bleibt die Suche nach Exoplaneten – auch erdähnlichen - spannend.

Künstlerische Darstellung eines Sonnenunterganges auf der Supererde Gliese 667Cc

ESO

Künstlerische Darstellung eines Sonnenunterganges auf der Supererde Gliese 667Cc

Die Unterstützung durch Amateurforscher ist ein immer wichtigerer Aspekt in der Jagd nach Exoplaneten. Das Internetprojekt "Planet Hunters" ermöglicht es Interessierten weltweit mitzuhelfen, die enormen Datenmengen aufzuarbeiten, die das Kepler Weltraumteleskop der NASA produziert. Der erste im Rahmen dieses Projekts entdeckte und danach bestätigte Planet ist ein außergewöhnliches Objekt: der Planet PH1 umkreist einen Stern eines Vierfach-Sternsystems.

Eisfelder, Seen und Flüsse in unserem Sonnensystem

Der sonnennächste Planet, Merkur, dessen Oberflächentemperatur über 400 Grad erreichen kann, ist einer der unwahrscheinlichsten Orte für Wassereis. Doch die NASA-Sonde MESSENGER fand auf dem Planeten eindeutige Hinweise auf ausgedehnte Flecken aus Wassereis. Diese Stellen befinden sich in polnahen Kratern, deren Böden im ewigen Schatten liegen und dadurch vor der Hitze der Sonne abgeschirmt sind.

Dass es auf dem Mars in der Frühzeit seiner Geschichte zumindest zeitweise flüssiges Wasser gegeben hat, gilt heute als gesichert. Beweise für einen Marsozean waren bisher allerdings umstritten. Die Marssonde "Mars Express" der Europäischen Weltraumagentur ESA hat nun geologische Daten gesammelt, welche auf die Existenz eines früheren Ozeans auf der Nordhalbkugel des Mars hinweisen.

Noch deutlichere Hinweise auf eine wasserreiche Vergangenheit des Mars entdeckte der am 6. August 2012 auf dem Roten Planeten gelandete, sehr erfolgreiche NASA-Marsrover "Curiosity". Das mobile Labor fand im Galekrater Kieselsteine, die in eine Konglomeratschicht eingebettet sind. Das lässt darauf schließen, dass hier einst ein knöchel- bis hüfttiefer Fluss den Krater durchzog.

Oberfläche des Titan

NASA / JPL

Flüsse und Seen auf dem Saturnmond Titan

Doch es muss nicht immer Wasser sein! Die "Cassini"-Sonde der NASA zeigt Jahr für Jahr mehr der faszinierenden Landschaften auf dem größten Saturnmond Titan. Bei Temperaturen von minus 180°C spielt flüssiges Methan hier die Rolle des Wassers und bildet Meere, Seen und Flüsse. Die größten Seen wurden bisher nahe den Polen entdeckt.

In niedrigen Breiten des Titan, wo man eine trockene Zone mit ausgedehnten Dünenfeldern vermutete, fand Cassini nun weitere, mit Flüssigkeit gefüllte Seen. Einer dieser "Tropenseen" ist etwa halb so groß wie der Große Salzsee in Utah, und mindestens ein Meter tief.

Sogar eine Mini-Version des irdischen Flusses Nil konnte Cassinis Radarinstrument auf Titan erspähen. Mit einer Länge von über 400 Kilometer vom Ursprung bis zur Mündung in einen See ist dieses Tal das bisher größte Flusssystem auf dem Saturnmond.

2013 - Jahr zweier "Superkometen"?

Eine der 2012 gemachten astronomischen Entdeckungen könnte im Jahr 2013 eine große Zahl von Menschen begeistern: der Komet C/2012 S1 (ISON). Er wurde am 21. September von Witali Newski (Weißrussland) und Artjom Nowitschonok (Russland) entdeckt - und zwar mittels Aufnahmen mit einem nur 40cm großen Teleskop.

Es stellte sich heraus, dass dieser Komet Ende November 2013 der Sonne bis auf 1,8 Millionen Kilometer Entfernung nahekommen soll. Dadurch könnte er in dieser Zeit zu einer gewaltigen, bis zu vollmondhellen Himmelserscheinung werden! Allerdings wird der Komet in dieser hellsten Phase kaum beobachtbar sein, da er von der Erde aus gesehen der Sonne extrem nahe steht.

Doch bereits im Frühjahr könnte ein weiterer Komet mit bloßem Auge sichtbar werden: der schon im Juni 2011 gefundene, damals noch sehr schwach leuchtende Komet C/2011 L4 (PanSTARRS). Seine größte Annäherung an die Sonne wird für den 10. März 2013 erwartet. Da die Helligkeitsentwicklung von Kometen jedoch schwer prognostizierbar ist, kann man abschließend nur sagen: Lassen wir uns überraschen!

Die Rückblicke der vergangenen Jahre: