Ludwig Huber hat bereits Ig-Nobel-Erfahrung - 2011 erhielt er den von der Harvard University vergebenen Preis für seine Arbeit mit gähnenden Schildkröten. Er leitet das Messerli Forschungsinstitut an der Veterinärmedizinischen Universität und dort die Abteilung für Vergleichende Kognitionsforschung - und nun auch das Projekt zur Gesichtserkennung von Tauben.
Eher Erfahrung als angeboren
Auch wenn das kürzlich abgeschlossene Forschungsprojekt lustig klingt, hat es einen durchwegs ernstzunehmenden Hintergrund - Schlagwort "Gesichtserkennungsmodul": Menschen können einander sehr gut am Gesicht wiedererkennen. Die Aufgabe wird jedoch schwieriger, wenn das Konterfei auf dem Kopf steht. Weil dies nur mit Gesichtern funktioniert - einen Kasten etwa erkennt man auch verkehrt herum zweifelsfrei -, hat man vermutet, dass Menschen eine Art angeborenes "Gesichtserkennungsmodul" im Gehirn haben.
Doch auch Tauben können lernen, menschliche Gesichter zu unterscheiden und zeigen danach dieselben Probleme mit verkehrten Bildern, fanden Forscher der Veterinärmedizinischen Universität Wien heraus. Dieser Effekt beruht daher offensichtlich auch bei Menschen eher auf Erfahrung als auf einer angeborenen Fähigkeit.
Die Erfahrung baut darauf auf, dass die Einzelmerkmale des Gesichts, wie Augen, Nase und Mund, in einer bestimmten Art und Weise zusammenhängen, erklärt Ludwig Huber: "Diese Konfiguration wird mitgespeichert, und wenn man das Gesicht umdreht, dann sind die Einzelmerkmale noch da, aber die Konfiguration ändert sich durch das Umdrehen deutlich". Das macht das Wiedererkennen schwieriger.
Doch kein Modul
Da Tauben dieselben Probleme mit verkehrt herum gehaltenen Bildern und ganz sicher kein angeborenes "Menschengesichtserkennungsmodul" haben, sei der Inversionseffekt nun als Beleg für ein angeborenes Gesichtserkennungsvermögen bei Menschen hinfällig, sagte Huber. Er könne genauso gut oder besser für das Konfigurationslernen durch Erfahrung verwendet werden.
Die Forscher fanden außerdem heraus, dass Tauben nicht nur ihre Artgenossen in bekannt und unbekannt unterscheiden können, sondern auch bekannte von unbekannten Menschen.
science.ORF.at/APA
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