Standort: science.ORF.at / Meldung: "Biosprit kann zu mehr schädlichem Ozon führen"

Ein Mann betankt ein Auto

Biosprit kann zu mehr schädlichem Ozon führen

Biosprit hat viele Kritiker. Nun verweisen britische Forscher auch noch auf mögliche Gesundheitsschäden. Für den hohen künftigen Bedarf an Biosprit sollen schnellwachsende Bäume gepflanzt werden, die nach Angaben des Teams Isopren ausdünsten. Das Gas führe zusammen mit Stickoxiden zur Bildung von bodennahem Ozon, das die Atemwege reizt.

Klimawandel 07.01.2013

Die Forscher um Nick Hewitt von der Universität in Lancaster in Großbritannien haben in einem Computermodell simuliert, wie sich die massive Pflanzung von Biospritbäumen auf die Umwelt auswirken könnte.

Die Studie:

"Impacts of biofuel cultivation on mortality and crop yields" von Kirsti Asworth und Kollegen ist am 6.1. in "Nature Climate Change" erschienen.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 7.1., 13:55 Uhr.

Höhere Sterblichkeit, geringerer Agrarertrag

Die EU-Staaten haben sich verpflichtet, bis zum Jahr 2020 zehn Prozent der Energie im Verkehrssektor aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Um den hohen Bedarf an Biosprit zu decken, sollen in Zukunft weitere Pflanzen kultiviert werden, die sich zur Herstellung von Biosprit eignen.

Die Forscher gehen in ihrem Modell davon aus, dass 2020 in Europa schnellwachsende Bäume wie Pappeln, Weiden und Eukalyptus für Biosprit auf einer Fläche angebaut werden, die etwa zweimal so groß wie Deutschland ist.

Die Ergebnisse der Simulation zeigen drastische Auswirkungen: Durch den vermehrten Anbau von Biospritbäumen würde es zu einem deutlichen Anstieg der bodennahen Ozonwerte kommen. Darunter leiden u.a. Menschen und einige Getreidearten. Pro Jahr sterben in Europa nach früheren Daten etwa 22.000 Menschen an den Folgen von Ozon.

Diese Zahl würde sich nach Angaben der Autoren durch den vermehrten Anbau der Biosprit-Bäume um mehr als 1.000 erhöhen. Zusätzlich würde der Ertrag von Nutzpflanzen wie Mais oder Weizen durch den Einfluss der erhöhten Ozonwerte um ein bis drei Prozent sinken, was zu finanziellen Einbußen von über einer Milliarden Euro führen würde.

Aber auch Vorteile von Pappeln, Weiden & Co

In ihrem Modell gehen die Forscher davon aus, dass in Zukunft hauptsächlich Pflanzen angebaut werden, die zur Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation geeignet sind: Pappeln, Weiden und Eukalyptus. Nur durch diese schnellwachsenden Bäume könnte der hohe Bedarf an Biomasse gedeckt werden.

Bei dem recht aufwendigen Verfahren entsteht zunächst Synthesegas und erst im zweiten Schritt Biokraftstoff. Bisher spielen Biokraftstoffe der zweiten Generation aber kaum eine Rolle - bis zur Marktreife dürften noch einige Jahre vergehen.

Neben den genannten Nachteilen haben die Biospritbäume jedoch einen großen Vorteil: Sie können im Gegensatz zu den Pflanzen der ersten Generation wie beispielsweise Raps oder Zuckerrüben nicht als Nahrungsmittel verwendet werden.

Platz für die Bäume sehen die Forscher hauptsächlich in Osteuropa. Allein in der Ukraine könnten fast ein Drittel der benötigten Bäume angepflanzt werden. Durch die Verlagerung nach Osteuropa wäre auch gewährleistet, dass Getreide nicht von den Feldern verschwindet, weil es dort noch viele freie Grasflächen gebe.

science.ORF.at/APA/dpa

Mehr zu dem Thema aus dem Archiv: