Geologen gehen davon aus, dass mit Rodinia in der Urgeschichte der Erde ein Superkontinent existiert hat, der alle Landmassen vereinte. Vor rund 750 Millionen Jahren brach er auseinander - auch jene Teile, die heute Indien und Madagaskar bilden.
Auf der Insel Mauritius, 900 Kilometer östlich von Madagaskar und 4.000 Kilometer südwestlich von Indien gelegen, hat eine Geologengruppe um Trond Torsvik von der Universität Oslo nun Gesteinsfragmente gefunden, die die beiden einst miteinander verbunden haben.
Die Studie:
"A Precambrian microcontinent in the Indian Ocean" von Trond Torsvik und Kollegen ist am 24.2.2013 in "Nature Geoscience" erschienen.
Ö1 Sendungshinweis:
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 25.2., 13:55 Uhr.
Wie Tanker auf dem Meer
Den Hintergrund erklärt der Geophysiker Götz Bokelmann von der Universität Wien gegenüber science.ORF.at: "Kontinente schwimmen auf dem Erdmantel quasi wie Tanker auf dem Meer. Früher oder später kollidieren sie, und es bildet sich ein Superkontinent." Alle paar hundert Millionen Jahre wiederhole sich der Vorgang, den man auch modellieren kann.
Einen weiteren möglichen Beweis für diesen Zyklus haben nun die Forscher um Torsvik gefunden. Mit Hilfe von Gravimetrie, plattentektonischen Rekonstruktionen und Geochemie haben sie eine Region im Indischen Ozean genauer untersucht und Basaltgestein von den Stränden der Insel Mauritius analysiert. Es stammt ihnen zufolge von Vulkanausbrüchen, die vor rund neun Millionen Jahren stattgefunden haben.
Einige der entdeckten Mineralien, sogenannte Zirkone, waren aber deutlich älter: Sie sind vor 660 Millionen bis zu zwei Milliarden Jahren entstanden und haben laut der aktuellen Studie die Eigenschaften von kontinentaler Erdkruste.
"Mauritia" getauft
Die Forscher glauben daher, dass die Mineralien von einem zwischen Indien und Madagaskar gelegenen Mikrokontinent stammen und durch einen Vulkanausbruch an die Oberfläche transportiert worden sind.
Der Mauritia genannte Mikrokontinent begann sich ihnen zufolge vor rund 80 Millionen Jahren von Madagaskar zu lösen und sei dann unter gigantischen Lavamassen verschwunden. Die Überbleibsel von Mauritia vermuten die Forscher heute in zehn Kilometer Tiefe am Boden des Indischen Ozeans.

Torsik et al.
Ob es sich bei Mauritia tatsächlich um einen ehemaligen Kontinent handelt, ist indes alles andere als sicher. Guilhem Barruol, ein von Bokelmann befragter Kollege, der sich gerade für ein anderes Forschungsprojekt ("Rhum Rum") auf der benachbarten Insel Réunion befindet, hat seine Zweifel.
Zum einen könne nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der untersuchte Sand von Mauritius tatsächlich original sei. "Auf den Seychellen etwa hat man Sand künstlich aufgeschüttet", schrieb er in einer Mail. Zirkone wiederum habe man auch bereits auf dem atlantischen Rücken gefunden, was dafür spreche, dass sie auch im Erdmantel transportiert und dann durch Vulkanismus an die Oberfläche gelangen können.
Bokelmann selbst ist weniger skeptisch: "Madagaskar ist kontinental, Indien ist kontinental. Warum sollte da nicht ein kontinentaler Splitter dazwischen liegen? Die oft fotografierten schönen Granitfelsen auf den Seychellen sind übrigens ein direkter Beleg für kontinentale Kruste im Norden dieses Bogens."
Lukas Wieselberg, science.ORF.at
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