Bei diesem vorwiegend von Frauen ausgeübten Sport auf Rollschuhen kommt es zu jede Menger direktem Körperkontakt. Und der wirkt sich nachweisbar auf die Zusammensetzung des Mikrobioms aus, wie eine Forschergruppe um James F. Meadow von der University of Oregon herausgefunden hat.
Mikrobiom und Roller Derby
Die Studie:
"Significant changes in the skin microbiome mediated by the sport of roller derby" von James F. Meadow und Kollegen ist am 12.3. im Open-Access-Journal "PeerJ" erschienen.
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Die US-Mikrobiologen haben zwei Phänomene miteinander in Verbindung gebracht, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Auf der einen Seite das Mikrobiom - die Besiedelung des menschlichen Körpers mit Mikroorganismen, die bei jedem Individuum einzigartig ist.
Erst voriges Jahr hat eine in "Nature" publizierte Studie festgestellt, dass mehr als 10.000 verschiedene Bakterienarten im und am Menschen leben. Trotz der Unterschiede zwischen verschiedenen Individuen erfüllen die Mikroorganismen bei jedem dieselben Aufgaben. Im Fall der Haut schützen sie etwa vor Krankheitserregern und regulieren das Immunsystem.
Auf der anderen Seite das Roller Derby - ein hierzulande noch recht unbekannter Sport, der von den Vienna Rollergirls vor einigen Monaten aber erstmals nach Österreich gebracht wurde. Die Spielregeln in Kurzform: Zwei Teams stehen sich gegenüber, die aus je fünf Frauen bestehen. Vier von ihnen sind "Blocker", eine ist "Jammer", sie alle fahren mit Rollschuhen auf einer ovalen Bahn im Kreis. Gelingt es einer "Jammer" die Blocker des gegnerischen Teams zu passieren, gibt es Punkte. Aufgabe der Blocker ist es, genau das zu verhindern.

EPA - Hannibal Hanschke
DNA-Proben vom Oberarm untersucht
Bei den Abwehr- und Angriffversuchen werden große Teile des Körpers eingesetzt - und genau deshalb ist der Sport die ideale Situation, um zu überprüfen, wie sich Mikroben zwischen Menschen übertragen. Das ist zumindest die Ansicht von Meadow und seinem Team - darunter auch die Laborleiterin Jessica Green, die selbst Roller Derby spielt.
Die Biologen haben zwei "Bouts" - so heißen die Begegnungen im Jargon - von drei US-Teams zum Anlass genommen, um das Phänomen genauer zu untersuchen. Die Spielerinnen sind zwar durch allerlei Schutzbekleidung geschützt, aber einige Körperteile liegen frei - darunter auch die Oberarme, von deren Hautoberfläche die Forscher vor und nach den Spielen Proben entnommen haben. Später im Labor wurde die DNA der Proben untersucht und den verschiedenen Bakterienarten zugeordnet.
Am häufigsten vertreten waren Actinobakterien, Bazillen und Gammaproteobakterien. Dass diese die Haut stark bevölkern, weiß man aus früheren Studien, auch dass das Corynebakterium dort die häufigste Gattung ist.
Hautkontakt führt zu Mikrobenaustausch
Aber schon beim Vergleich der Durchschnittswerte zwischen den drei Teams zeigten sich deutliche Unterschiede. Da sie aus verschiedenen US-Städten und -Bundesstaaten stammten - aus Eugene/Oregon, Washington DC und San Jose/Kalifornien -, war ihre Hautflora umweltbedingt verschieden zusammengesetzt.
Nach den Spielen hingegen überschnitten sich die Mikroorganismen der Teams stärker als zuvor. Und das hat mehrere Ursachen, wie die Forscher schreiben. Zum einen stürzen die Spielerinnen eines Roller Derby dank des intensiven Körperkontakts mit den anderen sehr oft auf die Bahn - der Staub, in dem sie lagen, spiegelte sich in den DNA-Untersuchungen nach den Matches in typischen Bodenbakterien wider.
Zum anderen übertrugen sich aber auch Bakterien zwischen den Spielerinnen, darunter auch Streptokokken. Der Haut-zu-Haut-Kontakt war der wichtigste Grund überhaupt für den Mikrobenaustausch, sagen die Forscher.
Medizinische Relevanz
Um nicht in den Verdacht zu geraten, hier aus einer sportlichen Mücke einen medizinischen Elefanten zu machen, beeilen sie sich damit, auf die Anwendungsrelevanz ihrer Studie hinzuweisen. Mit den größer werdenden Megacities und dem Bevölkerungswachstum würde es zu immer mehr direktem Hautkontakt zwischen Menschen kommen.
Welche medizinischen und ökologischen Konsequenzen das hat, könne man heute schon quasi in der Nussschale beobachten: im Oval der Rollschuhläuferinnen.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at
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