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"Innovation ist ein Teamsport"

Als "innovativ" werden Produkte (vom Shampoo bis zu Frühstücksflocken) gerne vermarktet - doch was sind echte Innovationen und wie entstehen sie? Dazu ist ein neues Buch erschienen: "Innovator, Imitator oder Idiot” von Gertraud Leimüller.

Buch 29.03.2013

"Das Neue fällt nicht vom Himmel" - meint Gertraud Leimüller, Innovationsexpertin und Unternehmensberaterin in Wien. Unter anderem bedürfe es der Demut, damit tatsächlich Neues geboren werde, so Leimüller im science.ORF.at-Interview:

"Demut braucht man, weil sehr oft der Preis einer Umsetzung einer Idee ist, dass man die Idee abgibt - dass man die Idee jemandem anderen gibt, der sie umsetzt. Meistens braucht es mehrere Menschen, um eine Innovation umzusetzen, denn im Grunde ist Innovation etwas sehr Schwieriges."

Ö1 Jahresschwerpunkt 2013: Open Innovation

"Öffentliches Wissen" und Bürgerbeteiligung spielen in enger Verbindung mit Qualitätsjournalismus eine immer größere Rolle. Mit dem Jahresschwerpunkt "Open Innovation" unterstreicht Ö1 die Bedeutung dieses Phänomens für eine zukunftsweisende Entwicklung der Zivilgesellschaft. Aktuelle Beiträge und Hintergrundberichte in verschiedenen Sendeformaten von Ö1 informieren, auch science.ORF.at widmet diesem Thema eine Reihe von Beiträgen.

Über den Tellerrand schauen, sich Kritik stellen

Nicht im eigenen Saft kochen, sondern externes Wissen einholen - sei es von Wissenschaft oder Laien, von Unis oder Usern, das rät Leimüller Betrieben und Organisationen; und zwar laufend, gezielt und strukturiert Feedback einholen und nutzen, Anregungen zulassen und vor allem: darauf achten, ob und was genau im bestehenden Angebot/Prozess schief läuft. Durch Fehler- bzw. Rückmeldungen würden ja in gewissem Sinne bereits Anregungen für Verbesserungen und Neuerungen geliefert.

Die Tipps der Unternehmensberaterin: Mut zum Risiko, über den Tellerrand der eigenen Organisation und bekannter Strukturen denken, Einbinden von mehreren Menschen - Innovation sei ein Teamsport.

"Neu" ist nicht schon "innovativ"

"Innovation" das bedeute für sie einen konkreten Nutzen für Anwendern und die Innovations- und Unternehmensberaterin nennt ein Beispiel: "Dass man sehr einfach via Internet Arzttermine ausmachen kann. Das hätte im Übrigen auch einen Vorteil für die Ärzte und Ärztinnen, weil sie ihr Wartezimmermanagement wesentlich verbessern könnten. In anderen Staaten wie z.B. Singapur gibt es solche Lösungen bereits."

Das Buch

Buch: "Innovator, Imitator oder Idiot" von Gertraud Leimüller; erschienen im Verlag Wieser (2013; Klagenfurt)

Als weiteres Beispiel nennt die ehemalige Journalistin eine Idee, die im Zuge eines Schul-Wettbewerbs geboren worden sei: eine Zahnbürste, die es erlaube, beide Hände frei zu haben.

"Innovativ" ist fixer Bestandteil der Marketingsprache geworden, oft (zu oft?) ist von "Innovation" die Rede. Dazu Gertraud Leimüller: "In der Konsumgüterindustrie werden oft bloße Produktvariationen als Innovation angesehen - z.B. ein Shampoo mit einem neuen Wirkstoff oder mit einer neuen Farbe am Etikett. Die Konsumenten sind aber sehr kritisch und sehen das gar nicht als Innovation. Ich denke, die Unternehmen sollten sich den Begriff abgewöhnen – es ist schließlich normal, dass Produkte Neuauflagen haben."

Erneuerung von unten

Die Unternehmensberaterin plädiert für die "Erneuerung von unten" - revolutionäre Ideen kämen meist nicht von einzelnen, großen Persönlichkeiten: "Es gibt in der Innovationsforschung viel Geschichtsklitterung, wo im Nachhinein oft dargestellt wurde und nach wie vor wird, dass es große Firmen oder mächtige Menschen gewesen seien, die eine Innovation auf den Weg gebracht haben; wenn man genauer schaut, findet man sehr oft dahinter Menschen, die das schon viel früher die erste Idee dazu hatten."

… vom Getreide-Seilzug zum Sessellift

Als Beispiel führt die ehemalische Wirtschaftsjournalistin im ORF-Radio den Skilift an: die Idee gehe auf einen Gastwirt im Schwarzwald zurück, der unter anderem asthmakranke Kurgäste beherbergte und ihnen den Aufstieg auf den Berg erleichtern wollte: "Er hat seinen Lastenlift umfunktioniert! Damals sind die ersten Patente dafür entstanden und Teile davon werden auch heute von der österreichischen Firma Doppelmayr verwendet."

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft

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