Standort: science.ORF.at / Meldung: "Fitte Menschen schrumpfen weniger"

Alter Mann greift sich am Kopf.

Fitte Menschen schrumpfen weniger

Das Schrumpfen im Alter steht allen Menschen bevor, das Ausmaß kann jedoch variieren, berichtet ein internationales Forscherteam. Demnach ist nicht nur die Grundlage, die in der Kindheit gelegt wird, entscheidend für die spätere Körpergröße, sondern auch der Lebensstil im Alter.

Altern 03.04.2013

Ein Faktor hat laut den Forschern um John Strauss, Ökonom an der Universität Kalifornien in Los Angeles, und Yaohui Zhao von der Universität Peking besonders viel Einfluss: die Bildung. Mittelschulabsolventen schrumpfen demnach im Schnitt um zwei Zentimeter weniger als Menschen ohne Ausbildung.

Die Studie:

"Health, Height, Height Shrinkage, and SES at Older Ages: Evidence from China" ist in der Aprilausgabe des "American Economic Journal: Applied Economics" erschienen (DOI:10.1257/app.5.2.86).

Wir alle werden kleiner

Dass wir alle mit dem Alter kleiner werden, hat einfach zu benennende biologische Gründe: Der Körperfettanteil steigt, das Muskelvolumen nimmt hingegen - gleich wie die Knochendichte - ab. Außerdem verliert der Körper an Wasser, wodurch auch die Bandscheiben "schrumpfen". Die Wirbelsäule sackt stärker zusammen und der Mensch wird insgesamt ein bisschen kleiner. Die Forscher nennen das "vertebrale Deformierung", die durch Erkrankungen wie Osteoporose und bestimmte Formen von Arthritis noch verstärkt wird.

Doch obwohl sich die Gründe für das Schrumpfen im Alter verallgemeinern lassen, haben die Forscher um John Strauss und Yaohui Zhao Faktoren gefunden, die dessen Ausmaß variieren lassen - und sie alle haben nichts mit der Kindheit zu tun.

20.000 Menschen untersucht

Für ihre Analyse verwendeten die Ökonomen Daten aus der sogenannten CHARLS-Studie, eine Langzeituntersuchung zu Gesundheit und Altern in China, bei der gesundheitsspezifische Angaben zu fast 20.000 Menschen ab einem Alter von 45 Jahren erfasst werden. Die Grundlagen zur nun vorliegenden Auswertung wurden zwischen Juni 2011 und März 2012 in Interviews und Untersuchungen gesammelt.

Dass die Körpergröße und Gesundheit im Erwachsenenalter eng verknüpft ist mit den Lebensumständen in der Kindheit, wurde durch zahlreiche Studien in vielen Ländern der Welt belegt (u.a. durch diese und diese). Dabei schien aber auch ein gewisser Fatalismus inkludiert nach dem Motto: Was in der Kinderheit falsch gemacht wird, lässt sich im weiteren Leben nur mehr begrenzt "ausbügeln".

Diese scheinbare Kettenreaktion ist ein Grund, warum das Forscherteam sich auf die Erhebung von Gesundheitsdaten älterer Menschen in China konzentrierte. Dort, so ihre These, waren die Lebensumstände während ihrer Kindheit schlechter als in industrialisierten Ländern. Die Auswirkungen auf das restliche Leben müssten deshalb deutlich zu sehen und bei Menschen mit ähnlichen Lebensumständen relativ einheitlich sein.

Geistige Fitness hält groß

Dem ist aber nicht so, und der stärkste Indikator für weniger Größenverlust ist laut Studie die geistige Fitness: Jene Menschen, die bei Wissenstests und Rätseln am besten abschnitten, verloren am wenigsten an Körpergröße. Stadtbewohner blieben auch im Alter größer als Menschen vom Land.

Und die Ausbildung verstärkte diesen Effekt noch: Hatten die Testpersonen die Grundschule absolviert, blieben die Männer im Schnitt um 0,9 Zentimeter größer als ihre des Lesens und Schreibens unkundigen Altersgenossen (Frauen "gewannen" 0,6 Zentimeter). Eine abgeschlossene Mittelschule brachte noch einmal einen Zentimeter - "insgesamt ein beachtlicher Effekt, wenn man davon ausgeht, dass Männer durch das Alter im Schnitt um 3,3 Zentimeter schrumpfen", schreiben die Wissenschaftler in einer Aussendung.

Natürlich könne man davon ausgehen, dass mit der Ausbildung andere Lebensumstände einhergehen, so die Forscher. Ihnen sei der Beleg gelungen, dass eben diese Umstände des Erwachsenenlebens sich noch auf die Körpergröße auswirken und nicht alles in der Kindheit vorbestimmt werde.

Elke Ziegler, science.ORF.at

Mehr zum Thema: