Mensch und Hund haben sich demnach parallel entwickelt: Und das lässt sich anhand einer Reihe von Genen auch im Erbgut nachweisen, berichtet ein Team um den Zoologen Ya-Ping Zhang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in einer Studie.
"Die Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zu der sehr großen und komplexen Frage nach dem Ursprung der Hunde", erklärt Ludwig Huber, Leiter des Messerli-Forschungsinstituts der Veterinärmedizinischen Universität Wien gegenüber science.ORF.at.
Die Studie:
"The genomics of selection in dogs and the parallel evolution between dogs and humans" von Ya-Ping Zhang und Kollegen ist am 14.5. in "Nature Communications" erschienen.
Erbgut von Wölfen und Hunden verglichen
Die Evolution der Hunde wurde bisher oft in zwei Phasen untersucht, schreiben die Forscher. In der ersten Phase steht die Domestizierung von ihren wilden Verwandten im Mittelpunkt, in der zweiten die Züchtungen verschiedener Rassen in den vergangenen 500 Jahren.
Die weltweit allerersten Hunde könnten demzufolge vor rund 16.000 Jahren in China südlich des Jangtse-Flusses gezüchtet worden sein, wie es in einer Studie aus dem Jahr 2009 heißt. Diese Urhunde in Ostasien werden in der aktuellen Untersuchung als "missing link" der Zähmung bezeichnet. Ihre wilden Vorfahren dürften verschiedene Grauwölfe gewesen sein.
Um noch weiter in die Vergangenheit zurückzublicken, haben die Forscher um Zhang nun das gesamte Erbgut von vier Grauwölfen, drei Abkömmlingen chinesischer Urhunde und drei modernen Rassehunden sequenziert und miteinander verglichen. Dabei zeigte sich eine Trennung der verschiedenen Arten vor rund 32.000 Jahren, die Domestizierung des Wolfes scheint also früher geschehen zu sein als bisher angenommen.
Symbiotische Beziehung
Vergleiche mit menschlichem Erbgut ergaben zudem, dass sich mehrere Gene bei Mensch und Hund parallel entwickelten - in erster Linie solche, die mit Stoffwechsel, Verdauung, Gehirnprozessen und mit Krebs zu tun haben.
Aus beiden Beobachtungen schließen die Forscher, dass es so etwas wie eine "dynamische Zähmung" des Hundes gegeben haben muss: eine längere Zeit, in der sich Mensch und Wolf bei ihren Streifzügen nach Nahrung langsam angenähert haben.
Dahinter steckt die "Kommensalismus-Hypothese", wie Ludwig Huber von der Vetmed erklärt. "Das ist eine Form der Interaktion zwischen Individuen verschiedener Arten, die für die eine positiv ist - in dem Fall für den Wolf - für die andere neutral ist. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Wölfe ganz am Beginn Mittesser (Kommensale) des Menschen waren. Möglicherweise entwickelte sich aber bald eine symbiotische Beziehung, wo beide Arten, also auch die Menschen Vorteile hatten."
Die domestizierten Wölfe könnten die Menschen vor Gefahren gewarnt oder geschützt haben, vielleicht haben unsere Vorfahren die Tiere bei ihrer Jagd auch beobachtet und sind ihnen zu ihrer Beute gefolgt.
"Parallele Evolution"
Daraus ist die Idee der parallelen Entwicklung von Mensch und Hund entstanden. Die gleiche Umgebung, die beide Arten miteinander teilten, führte zu einer "außergewöhnlichen parallelen Evolution", wie die Forscher in ihrer aktuellen Studie berichten.
Mit der Zivilisation wuchsen die Mengen an Menschen später an, und das machte z.B. weniger Aggression als zuvor notwendig - die "neurologische Verdrahtung" im Gehirn änderte sich beim Menschen und beim Hund. Und das lässt sich auch im Erbgut ablesen.
"Unser bester Freund im Tierreich könnte uns mit einem der entzückendsten Systeme versorgen, um die Evolution des Menschen und die Entstehung einiger Krankheiten zu erklären", schreiben die Forscher.
Das Rätsel nach dem Ursprung des Hundes haben sie aber nicht gelöst, meint Ludwig Huber. Die Genetik alleine werde die Frage nicht klären können. Dazu brauche es noch andere Beweise - in erster Linie Fossilfunde -, die ihre Annahmen unterstützen.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at
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