Den Zeitpunkt des Abstillens zu kennen ist wichtig, weil er viel über die Entwicklung und Vermehrung unserer Vorfahren verraten könne, schreiben die Forscher um Christine Austin von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, in einer Studie.
So beeinträchtige ein frühes Abstillen möglicherweise die Gesundheit der Kinder. Allerdings erlaube es, schneller erneut schwanger zu werden, was wiederum für das Wachstum der Population entscheidend sei.
Die Studie:
"Barium distributions in teeth reveal early-life dietary transitions in primates" von Christine Austin und Kollegen ist am 22.5. in "Nature" erschienen.
Bisher hat man die Ernährung zu Beginn des Lebens an Fossilien nur schlecht rekonstruieren können, weil ein geeigneter Marker gefehlt habe, schreibt das Team. Mit der Bariumverteilung im Zahnschmelz scheint es nun genau so einen Marker gefunden zu haben.
Bariumgehalt zeigt Ernährungsweise an
Barium wird mit der Nahrung und dem Wasser in geringen Mengen aufgenommen. Im Mutterleib sind die Zähne, die bereits im Kiefer angelegt sind, noch nahezu frei davon, weil dieses chemische Element die Plazenta schlecht passiert. Nach der Geburt gelangt es mit der Muttermilch in den Körper des Kindes und lagert sich unter anderem im Zahnschmelz ab. Wachstumsringe der Zähne ermöglichen eine zeitliche Zuordnung.
Die Wissenschaftler zeigten nun zunächst an Milchzähnen von Kindern unserer Zeit, dass sich die Verteilung von Barium tatsächlich zur Rekonstruktion der Ernährung messen lässt. Die Forscher wussten, wie die Kinder im Säuglingsalter ernährt worden waren. Sie fanden, dass der Bariumgehalt im Zahnschmelz unmittelbar nach der Geburt ansteigt.
Die Umstellung auf Flaschenmilch zeigte sich durch noch höhere Barium-Werte im Zahnschmelz. Nach dem Abstillen fallen die Werte rasch ab, weil der Bariumgehalt von fester Nahrung geringer ist. Sie bestätigten ihre Ergebnisse an Zähnen von Makaken, deren Ernährungsgewohnheiten durch Beobachtungen bekannt waren.
Die Untersuchung ergab, dass das Neandertalerkind gut sieben Monate voll gestillt wurde. Dann bekam es eine Weile zusätzlich zur Muttermilch feste Nahrung. Mit knapp eineinviertel Jahren wurde es dann abrupt vollständig abgestillt. Warum das Stillen so plötzlich beendet wurde, sei unklar.
Der Zeitpunkt der Zufütterung sei für Hominoiden typisch, heißt es in der Studie. Jäger-Sammler-Gesellschaften etwa fütterten ihren Nachwuchs ebenfalls ab etwa sechs Monaten zusätzlich zur Muttermilch mit anderer Nahrung.
science.ORF.at/dpa
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