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Symbolbild: Teilchen im Raum

Quantenspuk erstmals gefilmt

Dass die Gesetze der Quantenphysik den Alltagsverstand auf eine Probe stellen, ist den Wissenschaftlern nur allzu gut bekannt. Wiener Physiker haben nun eine besonders seltsame Quantenerscheinung auf Film gebannt: ein unsichtbares Band zwischen zwei Teilchen.

Verschränkung 29.05.2013

Der Teil und das Ganze

Die sogenannte Verschränkung ist eines der grundlegendsten Phänomene der Quantenphysik. Zwei verschränkte Teilchen, etwa zwei Photonen, bleiben auch über große Distanzen miteinander verbunden - obwohl gar keine materielle Verbindung zwischen ihnen zu bestehen scheint. "Spukhafte Fernwirkung", nannte das Albert Einstein.

Anschaulich lässt sich die Verschränkung am ehesten mit Spielwürfeln erklären: Könnte man zwei Spielwürfel verschränken, wüsste man bis zur Messung nicht, welche Augenzahl sie zeigen. Nach der Messung würde aber mit Sicherheit bei beiden die gleiche Seite nach oben zeigen, trotzdem eigentlich in beiden Fällen der Zufall über den Wurf entscheiden müsste. Die zwei Würfel sind also in gewisser Hinsicht eins, obwohl sie räumlich getrennt sind.

Die Studie:

"Real-Time Imaging of Quantum Entanglement" von Robert Fickler und Kollegen ist am 29.5. in "Scientific Reports" erschienen.

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Auch wenn diese Beobachtungen mit unserer Alltagserfahrung nicht in Einklang zu bringen sind - die Quantenphysik kann sie korrekt und vollständig beschreiben. In den vergangenen Jahrzehnten wurde auch in zahlreichen Experimenten eindeutig gezeigt, dass diese Fernwirkung tatsächlich existiert.

Schwingungsrichtung wandert mit

Ein Forscherteam rund um den Wiener Experimentalphysiker Anton Zeilinger hat nun mit Hilfe eines neuartigen Aufnahmeverfahrens in Echtzeit gezeigt, wie sich eine Messung an einem Lichtteilchen auf ein mit ihm verschränktes Partnerteilchen auswirkt. Sie erzeugten dazu verschränkte Photonenpaare, wobei jeweils eines der beiden Lichtteilchen zu einer Kamera geschickt wird.

Eine größere Zahl solcher Photonen lässt in der Kamera ein komplexes räumliches Muster entstehen. Das jeweilige Partnerteilchen wird von einer herkömmlichen Messapparatur registriert, wobei die Messung gleichzeitig als Auslöser für die Kamera dient. Jede Messung bringt also ein Foto. Das Muster, das so in der Kamera entsteht, hängt nun exakt davon ab, wie die Partnerteilchen gemessen werden.

Video: Quantenspuk in Aktion

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Im konkreten Fall wird die Polarisation des Lichtteilchens gemessen, also seine Schwingungsrichtung. Dreht man den Polarisator am Messgerät - verändert also die Messung an dem einen Teilchen - rotiert auch das entsprechende Muster, das von den verschränkten Partnerteilchen in der Kamera erzeugt wird, erklärte der Erstautor der Arbeit, Robert Fickler vom Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Die Einstellung der Messapparatur für das erste Teilchen bestimme, wie das Muster in der Kamera aussieht - und dies, obwohl Kamera und Messgerät unabhängig voneinander sind und verschiedene Photonen messen, die deutlich räumlich voneinander getrennt sind.

"Wie die Theorie vorhersagt"

Die Kamera erhält dabei keine Auskunft über die Einstellungen des Messgeräts, auch das Signal zum Auslösen der Kamera enthält keine Information darüber, wie das erste Photon gemessen wurde. "Dennoch hängt das von der Kamera gemessene Muster - wie von der Quantentheorie vorhergesagt - von der vorhergehenden Messung am ersten Photon ab", so Fickler.

Die Versuche sind aber mehr als nur ein Demonstrationsexperiment, betonen die Physiker. Mit der neu entwickelten Methode könnten komplexe Lichtstrukturen schnell und effizient detektiert werden. Dies könnte neue Perspektiven für zukünftige Anwendungen eröffnen, sagte Zeilinger in einer Aussendung der Uni.

science.ORF.at/APA

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