Standort: science.ORF.at / Meldung: "Liebesdroge verändert Gehirnaktivität"

Zwei Präriewühlmäuse

Liebesdroge verändert Gehirnaktivität

Treue ist im Tierreich nicht gerade weit verbreitet. Die monogam lebenden Präriewühlmäuse sind deshalb für die Forschung besonders interessant. Eine neue Studie zeigt nun: Gibt man Wühlmausweibchen eine bestimmte chemische Substanz, werden sie "schwach" und paaren sich - und das ändert die Aktivität bestimmter Gehirnzellen.

Biologie 03.06.2013

Dass für eine Paarbeziehung die Chemie stimmen muss, berichtet ein Team um Mohamed Kabbaj von der Florida State University in Tallahassee.

Die Studie:

"Histone deacetylase inhibitors facilitate partner preference formation in female prairie voles" von Hui Wang und Kolleginnen ist am 2.6. in "Nature Neuroscience" erschienen.

Zwei wichtige Hormone

Im Gegensatz zu vielen ihrer Verwandten leben Präriewühlmause (Microtus ochrogaster) monogam: Paaren sie sich einmal, bleiben sie Zeit ihres Lebens zusammen - rund zwei Menschenjahre. Frühere Studien hatten gezeigt, dass dieses Verhalten mit inneren biologischen Vorgängen zusammenhängt. So haben in Beziehungen lebende Präriewühlmause im Belohnungszentrum des Gehirns mehr Rezeptoren für die Hormone Vasopressin und Oxytocin. Diese beiden Botenstoffe spielen eine wichtige Rolle bei der Paarbildung, beim Verhältnis von Mutter zu Kind und ganz allgemein im sozialen Umgang. Und zwar nicht nur bei Wühlmäusen, sondern auch beim Menschen.

Doch warum haben sie mehr von diesen Rezeptoren im Gehirn - etwa auch als verwandte Wühlmäuse, die zu promiskuitivem Verhalten neigen? Um diese Frage zu untersuchen, haben die Forscher weiblichen Exemplaren eine chemische Substanz ins Belohnungszentrum ihres Gehirns injiziert (Trichostatin A). Die Tiere waren zuvor sechs Stunden mit Männchen in einem Käfig gehalten worden, hatten sich aber noch nicht gepaart.

Zwei Präriewühlmäuse und ihre Jungen

Präriewühlmäuse

Zwei Präriewühlmäuse und ihre Jungen

Durch das Trichostin A änderte sich die Aktivität von Genen, die die Vasopressin- und Oxytocin-Rezeptoren herstellen. Und das führte dazu, dass sich die Weibchen mit den Männchen zu paaren begannen. Oder anders und salopp formuliert: Legten die Forscher den Genschalter um, verliebten sich die Mäuse. Andere chemische Substanzen, die die Rezeptorenbildung unterdrücken, verhindern hingegen die Paarbildung.

Auch bei Menschen denkbar?

Kabbaj und seine Kolleginnen haben damit etwas künstlich nachgemacht, was sich üblicherweise natürlich abspielt: Paaren sich die Wühlmäuse, ändert sich die Aktivität ihrer Gene - ein Beispiel für die sogenannte Epigenetik, die betont, dass sich Umwelteinflüsse in das Erbgut einschreiben.

Das Trichostatin A alleine führt laut den Forschern aber nicht zur gezielten Paarbildung der Wühlmäuse. Es komme auf den sozialen Zusammenhang an: Chemie plus sechs Stunden Zusammensein führen zu dem Ergebnis. Die Weibchen wurden dadurch "schwach" und trafen ihre Partnerwahl.

Obwohl sich die Forscher zurückhaltend zeigen bei der Frage, ob sich ihre Resultate auch auf andere Arten übertragen lassen, schreiben sie: "Bedenkt man die Wichtigkeit von Präriewühlmäusen, um die neurobiologischen Mechanismen im Paarverhalten von Menschen zu modellieren, ebnen unsere Daten den Weg für neue pharmakologische Möglichkeiten um Sozialverhalten zu beeinflussen."

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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