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Institut für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften, Frontansicht

IMBA: "Einzigartiges Forschungsklima"

Wiener Forscher feiern: Das Institut für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften (IMBA) wird zehn Jahre alt. Seine Belegschaft hat sich in dieser Zeit verzehnfacht, heute produziert es ein Viertel aller Top-Publikationen der österreichischen Bioforschung.

Molekularbiologie 28.06.2013

Aus der ganzen Welt zieht es Spitzenforscher an das Wiener Institut. Jürgen Knoblich, Stammzellforscher und Vizedirektor des IMBA, hat mit science.ORF.at über das Erfolgsrezept seines Forschungszentrums gesprochen.

Vor zehn Jahren existierten im Wiener Biozentrum in St. Marx bereits das Institut für Molekulare Pathologie, das IMP, sowie fünf weitere Institute der Universität Wien. Mit welchem Ziel wurde hier das IMBA gegründet?

Jürgen Knoblich

IMBA

Der deutsche Stammzellforscher Jürgen Knoblich ist Träger des Wittgenstein-Preises und lehrt an der Universität Wien. Seit 2005 ist er Vizedirektor am Institut für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften, IMBA.

Veranstaltung:

Anlässlich seines zehnjährigem Jubiläums findet vom 28. bis 29. Juni in der Aula der Wissenschaften das Symposion "Thinking the Unthinkable - The Future of Biology" statt.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem IMBA widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 28.06., 13:55 Uhr.

Jürgen Knoblich: Ich glaube, es ist fair zu sagen, dass das IMBA als das Schwesterinstitut des IMP, dem damals erfolgreichsten biologischen Forschungsinstitut in Österreich, gegründet wurde. Das IMP hat die gesamte Forschungslandschaft hier in Österreich derart umgekrempelt, dass man sich vor etwas über zehn Jahren überlegt hat, ob man diesen Erfolg nicht wiederholen könnte. Daraus ist das IMBA entstanden.

Was waren die wissenschaftlichen Zielsetzungen?

Molekularbiologische Grundlagenforschung zu machen, die getrieben ist durch die Neugier der Wissenschaftler, die aber den Blickwinkel für die Anwendbarkeit nicht verliert. Am IMBA sollen die Arbeiten permanent auf Ihre Anwendbarkeit hin überprüft und ein Fokus auf Forschung gelegt werden, die potenziell krankheitsrelevant ist.

Wo sind die Unterschiede zum IMP?

Die ursprünglichen Zielsetzungen waren die gleichen, allerdings sind die finanziellen Realitäten völlig anders. Das IMP wird größtenteils von der Pharmafirma Boehringer Ingelheim finanziert, macht aber dennoch freie Grundlagenforschung. Das IMBA wird dagegen vom österreichischen Staat über die österreichische Akademie der Wissenschaften finanziert. Eigentlich ein sehr interessantes Experiment, das überraschend gut funktioniert.

Mit wie vielen Mitarbeitern wurde am IMBA die Arbeit aufgenommen?

Begonnen wurde hier mit einem Mitarbeiter, mit Josef Penninger, der Direktor wird in solchen Fällen immer als erstes rekrutiert. Vor zehn Jahren wurde dann die erste IMBA-Arbeitsgruppe gegründet, unter der Leitung von Barry Dickson, dem späteren Direktor des IMP. Die Forschungsarbeit wurde mit etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Mitarbeitern begonnen. Innerhalb von zehn Jahren ist die Zahl der Mitarbeiter gewaltig gewachsen, wir sind inzwischen knapp unter zweihundert Mitarbeiter, die sich auf 13 Forschungsgruppen aufteilen. Vier dieser Gruppen werden von sogenannten Senior Scientists geleitet, die unbefristet angestellt sind. Die anderen Gruppenleiter sind sogenannte Junior Scientists, die typischerweise acht Jahre am Institut bleiben.

Wie lässt sich ein solches Wachstum finanzieren?

Wir haben angefangen mit einem Budget von sieben Millionen Euro im Jahr, das hat am Anfang ausgereicht. Inzwischen sind wir aber bei einem Budget von etwa dreiundzwanzig Millionen Euro, wobei die Hälfte dieses Betrags aus Drittmitteln kommt. Unsere Gruppenleiter sind extrem erfolgreich im Einwerben von externen Fördergeldern, sogenannten Grants. Fast alle, sowohl die Junior als auch die Senior Scientists erhalten einen sogenannten ERC-Starting Grant der europäischen Union oder das österreichische Äquivalent. Dadurch kommt natürlich sehr viel Geld rein, und so erklärt sich dieses recht großzügige Budget.

Um die Weltwirtschaft war es in den letzten Jahren ja nicht gerade gut bestellt. Ist die Wirtschaftskrise auch am IMBA angekommen, gab es Finanzierungsengpässe?

Wir sind nie an einen Punkt gekommen, an dem wir schrumpfen mussten. Wären wir jemals an so einen Punkt gekommen, gäbe es uns jetzt nicht mehr. Denn wenn man in diesem Bereich der Spitzenforschung arbeitet, dann ist alles sehr volatil, jede Krise kann sehr gefährlich sein. Wir waren vor einigen Jahren kurz davor, als gewisse Zusagen aus dem österreichischen Forschungsbudget, die uns gemacht wurden, nicht eingehalten werden konnten. Das war nahe an der Katastrophe. Aber Gott sei Dank hat uns die Akademie da rausgeholfen und uns weiter großzügig finanziert, dafür sind wir natürlich sehr dankbar.

Wo rekrutieren Sie Ihre Wissenschaftler?

Wir sind sehr international orientiert, die Mehrheit der Gruppenleiter kommt nicht aus Österreich. Wir versuchen die besten Wissenschaftler aus der ganzen Welt zu rekrutieren, und ich glaube, wir sind sehr erfolgreich darin. Wir können mit Instituten wie Harvard oder Stanford konkurrieren: Es haben sich schon Wissenschaftler, die aus diesen Instituten Angebote hatten, für uns entschieden. Außerdem ist die Infrastruktur, die wir jedem Wissenschaftler hier anbieten, einzigartig. Wenn man als Wissenschaftler an das IMBA kommt, dann werden viele einfache Arbeitsgänge von sogenannten Service Facilities übernommen. Das führt dazu, dass unsere Forschung hier sehr effizient gemacht werden kann. Und auch dazu, dass das Forschen hier viel Spaß macht - ich glaube das erklärt, warum wir so erfolgreich sind im Rekrutieren von Wissenschaftlern aus aller Welt.

Was waren die größten wissenschaftlichen Erfolge, die das IMBA bisher hervorgebracht hat?

Eine der größten Errungenschaften, die in diesem Institut gemacht wurden, war sicherlich die Herstellung der transgenen Fliegen-RNAi Library. Das ist eine Methode, mit der man in der Fruchtfliege Drosophila jedes Gen, das es in ihr gibt, in so gut wie jedem Gewebe ausschalten kann. Das wurde von Barry Dickson initiiert und vom IMBA finanziert und dann am IMP weitergeführt. Eine andere wichtige Entdeckungen wurde vor kurzem von Julius Brennecke gemacht: die Entdeckung und Charakterisierung eines zellulären primitiven Immunsystems, also eines Mechanismus, den jede Zelle verwenden kann um sich gegen Viren und Transposons zu schützen. Zwischen 2005 und 2009 war unser Institut für ein Viertel aller Publikationen verantwortlich, die unter Führung eines österreichischen Autors in den Top-Fachzeitschriften wie Cell, Science oder Nature publiziert wurden.

Wolfgang Däuble, Ö1 Wissenschaft

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