Unsere Erinnerung spielt uns ab und an einen Streich und wir erinnern uns an Ereignisse, die so tatsächlich nie passiert sind. Fatalerweise zeigt sich dieses Phänomen oft im Zusammenhang mit Zeugenaussagen in Strafprozessen. In den USA wurden beispielsweise fast drei Viertel der ersten 250 durch DNA-Tests entlasteten Verdächtigen Opfer falscher Augenzeugenaussagen.
Die Studie in"Science":
"Creating a False Memory in the Hippocampus" von S.Ramirez et al., erschienen am 26. Juli 2013.
Ein Forschungsteam rund um Steve Ramirez und Xu Liu vom MIT Picower Institute for Learning and Memory erklärt, dass Ereignisse in unserem Gehirn in einem Netzwerk von Neuronen gespeichert werden und diese für jedes Ereignis eine Art Erinnerungsspur bilden. Beim Abrufen von Erinnerungen rekonstruiert das Gehirn die Vergangenheit aus diesem Datenpaket und verzerrt dabei manchmal die Fakten.
Um herauszufinden, warum das so ist, haben die Hirnforscher nun versucht, jene Zellen zu manipulieren, in denen unsere Erinnerungen gespeichert sind.
Eine falsche Erinnerung wird eingepflanzt
Für die Untersuchung haben die Wissenschaftler Mäuse in einen neutralen Raum A gesetzt und ihre Erinnerungszellen mit einem Protein markiert, um diese auf Licht empfindlich und dadurch "ansprechbar" zu machen.
Am darauffolgenden Tag wurden die Mäuse in einen anderen Raum B gebracht und dort leichten Elektroschocks ausgesetzt. Nun benutzten die Forscher Licht, um die markierten Zellen zu aktivieren, auf denen die Erinnerungen an den Raum A festgeschrieben waren.
Durch diese Methode der Optogenetik erinnerten sich die Mäuse gleichzeitig an den anderen Raum. Zurück in Raum A reagierten die Mäuse schließlich mit Angst, obwohl sie hier nie Elektroschocks erlebt hatten.
Wahr oder falsch
Bei diesem Versuch fanden die Wissenschaftler heraus, dass die neuronale Aktivität in der Amygdala (Mandelkern), das sogenannte Angstzentrum im Gehirn, dieselbe war, wie beim Abruf echter Angsterinnerungen. Ähnliches passiert im menschlichen Gehirn, erklärt der Neurowissenschaftler und Nobelpreisträger Susumu Tonegawa, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Egal ob es sich um eine falsche oder eine wahre Erinnerung handelt, der Vorgang im Gehirn ist ident.
"Diese Experimente zeigen uns, wie unzuverlässig unsere Erinnerungen tatsächlich sind", meint Ramirez. Die Erinnerung sei kein Durchschlagspapier, sondern lediglich eine Rekonstruktion dessen, was wir tatsächlich erfahren haben.
Wie bei den Mäusen, ergänzt Tonegawa, kann es auch bei uns Menschen passieren, dass wir eine positive oder negative Situation im selben Moment mit einem Erlebnis aus der Vergangenheit verbinden und wir daraus eine falsche Erinnerung formen.
Ruth Hutsteiner, science.ORF.at
Mehr zu diesem Thema: