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Lichstrahlen im Dunkel

Algen als Beugungsgitter

Dass in der Quantenwelt ein Objekt sowohl Teilchen-als auch Wellen-Eigenschaften hat, konnten Wiener Physiker bereits zeigen, selbst mit für die Quantenwelt riesigen Molekülen. Für das Doppelspaltexperiment war bisher kostspielige Nanotechnologie erforderlich. Nun haben die Forscher mit Algenskeletten ein natürliches Beugungsgitter entdeckt

Quantenphysik 04.09.2013

Das Video zum Experiment wurde von der Redaktion des "New Journal of Physics" zu ihrem Lieblingsbeitrag gekürt. Der Film nimmt auch am deutschen Video-Wettbewerb "Fast Forward Science" teil, der von Wissenschaft im Dialog und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft veranstaltet wird.

Neues Biomaterial

Die Studie im "New Journal of Physics":

"Quantum coherent propagation of complex molecules through the frustule of the alga Amphipleura pellucida" von Michele Sclafani et al., erschienen im August 2013.

Das quantenphysikalische Phänomen der Welle-Teilchen-Dualität lässt sich gut an Lichtteilchen (Photonen) illustrieren. Ihre Welleneigenschaft sieht man am besten im Doppelspaltexperiment: Schickt man Licht durch zwei enge Spalte, so entstehen auf einem Schirm dahinter helle und dunkle Bereiche. In den hellen Arealen verstärken die Lichtwellen einander, in den dunklen löschen sie sich aus. Die Forscher sprechen dabei auch von Interferenz.

Solche Interferenzmuster erzeugten die Wiener Physiker mit immer größeren Objekten, im Vorjahr gelang es mit Phthalocyanin-Molekülen, die 58 bis 114 Atome groß waren. Mit solchen Molekülen arbeiteten die Wissenschafter auch in ihrer neuesten, in der Fachzeitschrift "New Journal of Physics" veröffentlichten Publikation. Statt allerdings sehr kostspielige Nanotechnologie für die Produktion des Doppelspalts zu verwenden, nutzten sie Biomaterial.

Veränderte Beugungsmuster

Das Skelett der Meeresalge Amphipleura pellucida verfügt über regelmäßig angeordnete Poren, die rund 200 Nanometer voneinander entfernt sind und deren Öffnung rund 120 Nanometer (ein Nanometer ist der millionste Teil eines Millimeters) groß ist. Schickt man die Moleküle durch diese Öffnungen, entsteht auch dort ein Beugungsmuster.

Die Teilchen treten bei ihrem Flug durch eine Pore in Wechselwirkung mit der Wand, wodurch sich das Beugungsmuster leicht verändert. Dies könnte es einmal ermöglichen, gleich einem Mikroskop von innen in die Poren hineinzuschauen. Noch sei dies nicht möglich, aber "Theoretiker überlegen mit uns gemeinsam, wie man das machen könnte", sagte Markus Arndt von der Fakultät für Physik der Uni Wien gegenüber der APA.

Weil wissenschaftliche Verlage aus Marketing- und Vermittlungsgründen ihre Publikationen zunehmend um kurze Videobeiträge erweitern, "Video Abstracts", produzieren immer mehr Wissenschafter auch selbst solche Videos. Auch das Team um Arndt hat ihre aktuelle Arbeit audiovisuell aufbereitet und dafür gleich viel Lob geernet: Für die Redaktion des "New Journal of Physics" ist es "officially the NJP teams favourite video abstract ever".

science.ORF.at/APA

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