Die Entscheidung gab das Karolinska-Institut Montagvormittag in Stockholm bekannt.
Wie Proteine an ihr Ziel gelangen
Zellen sind "Molekülfabriken" - sie stellen z. B. Insulin her, das sie ins Blutsystem abgeben, und Neurotransmitter, mit deren Hilfe Nervenzellen kommunizieren. Die Moleküle werden innerhalb der Zelle in kleinen Bläschen - den Vesikeln - transportiert. Die drei Nobelpreisträger haben herausgefunden, wie dieser Transport auf molekularer Ebene funktioniert.
Die drei Preisträger

University of Yale, Stanford University, Univ. of Berkeley
Die drei Medizinnobelpreisträger von links nach rechts: James Rothman von der Yale University in New Haven, Randy Schekman von der University of California in Berkeley und Thomas Südhof von der Stanford University
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Ö1-Sendungshinweise
Die Ö1-Journale und Ö1-"Wissen aktuell" berichten in der "Nobelpreiswoche" von 7. bis 11. Oktober über alle Auszeichnungen.
Schekman hat dafür wichtige Gene entdeckt, Rothman den Mechanismus, wie Vesikel und Moleküle zusammenspielen, und Südhof die Erklärung, wie die Proteine punktgenau an ihr Ziel kommen. Störungen dieses Transportsystems können dem Körper schweren Schaden zufügen und zu neurologischen Krankheiten, Diabetes und immunologischen Störungen beitragen.
Präzise "Frachtlieferung"
Schekman, geboren 1948 in St. Paul im US-Bundesstaat Minnesota, tätig an der University of California in Berkeley im US-Bundesstaat Kalifornien, startete mit der Entdeckung einer Reihe von Genen, die für den Transport der Vesikel in den Zellen notwendig sind. Er arbeitete an Hefezellen, bei denen man künstlich eine Art "Stau" bzw. eine mangelnde Planung bei diesen Abläufen vermuten konnte. Er entdeckte, dass mutierte Gene dafür verantwortlich waren.
Rothman, geboren 1950 in Haverhill (US-Bundesstaat Massachusetts), Chef der Abteilung für Zellbiologie der Yale University in New Haven (US-Bundesstaat Connecticut), interessierte sich ebenfalls für das Transportsystem der Zellen. Er arbeitete an Säugetierzellen und entdeckte in den 1980er und 1990er Jahren, dass ein bestimmter Proteinkomplex den Transportvesikeln erlaubt, an die Membrane ihrer Ziele anzudocken und zu verschmelzen. "Das geschieht ähnlich wie bei einem Reißverschlusssystem. Das Faktum, dass es so viele Proteine gibt und dass sie jeweils nur an bestimmten Zielstrukturen binden, stellt sicher, dass die 'Ladung' präzise am Bestimmungsort ankommt", schrieb das Nobelpreiskomitee.
Wie der Prozess gesteuert wird
Der deutsche Preisträger Südhof (geboren 1955 in Göttingen in Deutschland), seit 2008 Professor für Molekulare und Zelluläre Physiologie an der Stanford University in Kalifornien, interessierte sich dafür, wie Nervenzellen miteinander kommunizieren. Dabei werden Neurotransmitter von einer Nervenzelle produziert, in Vesikel verpackt, die dann mit der äußeren Membran von Zellen verschmelzen und den Inhalt freigeben.
Südhof entdeckte dabei, wie der Einstrom von Kalziumionen in Nervenzellen diesen Prozess steuert. "Südhof erklärte, wie bei solchen Abläufen die zeitliche Präzision erreicht wird und wie der Inhalt dieser Vesikel quasi auf Kommando freigesetzt wird", schrieb das Nobelpreiskomitee.
Südhof sei "eine sehr starke und fordernde Persönlichkeit, sehr ehrlich und offen", aber auch in seiner Kritik immer konstruktiv, erläuterte Nils Brose, Direktor am Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin in Göttingen. Er arbeitete jahrelang mit Südhof zusammen. Südhof sei ein "sehr guter Mentor und kollegialer Unterstützer, der seinen Mitarbeitern gegenüber sehr großzügig ist".
Reaktion: "Heute wird nicht sehr effizient"
Der US-Forscher Randy Schekman ist vom Medizinnobelpreis völlig überrascht worden. "Ich war gerade aus Deutschland zurückgekommen und hatte meiner Frau stolz die Warburg-Medaille gezeigt, die ich gerade in Frankfurt bekommen hatte", sagte Schekman am Montag der dpa. "Weil ich völlig fertig vom Flug war, bin ich ziemlich früh ins Bett gegangen. Um 1.30 Uhr kam dann der Anruf."
Trotz des Nobelpreises will er weiterarbeiten wie zuvor. "Ich konnte gestern noch gut in meinem Büro arbeiten, und ich kann es morgen hoffentlich auch noch. Die Arbeit macht uns allen enorm Spaß, und ich möchte keine Sekunde im Labor missen."
Allerdings werde dieser Montag "wissenschaftlich vielleicht nicht ganz effizient": "Ich habe meinen Labormanager angewiesen, ein paar Flaschen Champagner zu kaufen", sagte der Wissenschaftler.
"Unheimlich gefreut"
Der US-Wissenschaftler James Rothman hat sich nach Angaben eines früheren Kollegen über den Medizin-Nobelpreis "unheimlich gefreut". Rothman habe mit dem Preis gerechnet, berichtete Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried (Bayern), nach einem Telefonat mit Rothman.
"Er wird das jetzt genießen und die Reputation dazu nutzen, sein Institut weiter auszubauen", sagte Hartl der Nachrichtenagentur dpa. Er hatte einige Jahre mit Rothman in den USA zusammengearbeitet.
Der weitere Nobelpreisfahrplan
Morgen und Mittwoch werden die Preisträger in den Kategorien Physik und Chemie bekanntgegeben. Der Literaturnobelpreisträger wird am Donnerstag benannt, der Friedensnobelpreisträger am Freitag.
Die Preise sind mit jeweils acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 920.000 Euro) dotiert. Verliehen werden sie am Todestag Alfred Nobels, dem 10. Dezember.
Im vergangenen Jahr ging die Medizinauszeichnung an den Briten John Gurdon und den Japaner Shinya Yamanaka für die Rückprogrammierung erwachsener Körperzellen in den embryonalen Zustand.
science.ORF.at/APA
Die Medizinnobelpreise der vergangenen Jahre: